Die Rheingauer Ausbildungsmesse in der Hildegardisschule führt viele Jugendliche zu 26 potenziellen Arbeitgebern und räumt mit Vorurteilen auf.
Von Thorsten Stötzer
Auch die Eltviller Elektrofirma Jean Müller warb um Nachwuchskräfte.
(Foto: Heinz Margielsky)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
RÜDESHEIM - Nicht nur wegen der vielen Besucher verändert der Rheingauer Ausbildungstag das Leben auf dem Pausenhof der Hildegardisschule in Rüdesheim. Ein roter Truck der Spedition Schwank aus Lorch parkt dort, beim heimischen Unternehmen Kanal Jäger betrachten Jugendliche auf einem Bildschirm die Aufnahmen einer Kamera, die sonst in Abwasserrohren eingesetzt wird.
Einblicke und Kontakte sind schließlich das Kernelement der Ausbildungsmesse. Dominik Dröll legt sich für die Rüdesheimer Firma Elektro Radermacher ins Zeug, um auf den Beruf des Elektronikers für Energie- und Gebäudetechnik aufmerksam zu machen. Da müsse endlich aufgeräumt werden mit veralteten Vorstellungen: „Mit Schlitzen in die Wand klopfen bei wenig Gehalt hat das nichts zu tun.“ Und Aufträge gebe es mehr als überhaupt noch leistbar sei, versichert Dröll zur aktuellen Konjunktur. Es fehlen Monteure, und dies auch, weil der Weg seit Jahren recht selten nach der zehnten Klasse in einen Ausbildungsbetrieb führt. Wie Anette Schäfers als Konrektorin der Hildergardisschule schätzt, wählt nur ein Drittel der jungen Leute diese Option, während zwei Drittel eine andere Schule bevorzugen. Der Ausbildungstag soll den Blick weiten.
Ausbildung ist keine Einbahnstraße
Rund 300 Hildegardisschüler von der achten Klasse aufwärts nehmen teil, auch die Beruflichen Schulen Rheingau und die Gutenberg-Schule in Eltville wurden eingebunden. Einen „Hoffnungsschimmer“ erkennt der Leiter der Agentur für Arbeit Wiesbaden Alexander Baumann darin, dass eine duale Ausbildung in Betrieb und Berufsschule nicht mehr so oft als „Einbahnstraße“ wahrgenommen werde: Ein Studium ist auch später noch denkbar.
Es beteiligen sich 26 Arbeitgeber an der Messe – fünf mehr als im Vorjahr – und werben in etwa für 70 bis 75 Ausbildungsberufe. Das Handwerk tue sich „insgesamt schwerer“, Präsenz zu zeigen trotz ausgiebiger Personalsuche, was an der kleinteiligen Struktur der Betriebe liegen könnte. Außerdem findet Baumann, „dass die Gastronomie für den Rheingau unterrepräsentiert ist“ an den Ständen in Aula und Mensa.
Dabei lohnt sich das Engagement offensichtlich: Von fünf Praktikanten aufgrund der Messe spricht Dominik Dröll von Elektro Radermacher. Auf fünf bis zehn Bewerbungen taxiert Ulrich Lawetzky den Effekt für Vitos Rheingau.
Nur noch halb so viele Bewerbungen wie 2009
30 bis 35 Auszubildende gebe es auf dem Eichberg, besonders rückt er den Gesundheits- und Krankenpfleger in den Mittelpunkt und weist darauf hin, dass ein duales Studium möglich ist. Aber die Personalplaner hätten nur noch halb so viel Auswahl wie vor zehn bis zwölf Jahren.
„Die Stapel mit Bewerbungen könnten höher sein, wir spüren den Wettbewerb“, berichtet ebenso Andreas Mahler von der Schlaadt GmbH in Lorch. Er macht gleichfalls auf das duale Studium aufmerksam. Die Zielgruppe ist zufrieden.
„Der Tag hat mir sehr viel gebracht“, sagt Devran aus dem achten Schuljahr, der noch nicht weiß, ob er erst Bankkaufmann lernen und dann das Abitur anstreben will oder umgekehrt. Neuntklässler Emil ist dagegen aufs Studium eingestimmt: Astrophysik ist kein Ausbildungsberuf.