In der Abtei St. Hildegard findet am Freitag, 10. Mai, die Gründungsfeier der Hildegard-Akademie statt. Die weltweite Hildegard-Forschung soll in Rüdesheim gebündelt werden.
Von Barbara Dietel
Redaktion Rheingau-Taunus
Schwester Maura setzt die lange Tradition der Hildegard-Forschung im Kloster fort.
(Foto: DigiAtel/Heibel)
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RÜDESHEIM - Rüdesheim, das Zentrum für Wissenschaft, Forschung und europäische Spiritualität: Eine Hildegard-Akademie, die von Rüdesheim bis Australien die Hildegard-Forschung bündelt, wünschen sich die Benediktinerinnen der Abtei St. Hildegard schon länger. Ein erstes Konzept gab es schon in den 1970er Jahren. Ganz konkret wurden die Pläne im Jahr 2012, als Hildegard von Bingen, die Patronin des Klosters, erst heiliggesprochen und dann zur Kirchenlehrerin erhoben wurde. „Der Versuch, ein Institut zu gründen, ging schief“, erzählt Hildegard-Forscherin Schwester Maura Zátonyi, die umso glücklicher ist, dass dies auf Umwegen nun doch gelungen ist. Sieben Jahre nach der Heiligsprechung Hildegards findet am kommenden Freitag im Kloster mit geladenen Gästen die Gründungsfeier der „St. Hildegard-Akademie Eibingen e.V. – Zentrum für Wissenschaft, Forschung und europäische Spiritualität“ statt. Das Ergebnis „lauter heilsgeschichtlicher Fügungen“, wie Schwester Maura das nennt.
Fügungen bringen den Erfolg
Eine dieser Fügungen war die Begegnung mit Monsignore Michael Heinrich Weninger. Das Mitglied im Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog beim Heiligen Stuhl traf Schwester Maura im März 2017 in Salzburg, als sie bei der Plenarversammlung in die Europäische Akademie der Wissenschaft und Künste aufgenommen wurde. „Die Plätze waren alphabetisch angeordnet“, berichtet sie. Und so saß die Ungarin Zátonyi, die die lange Tradition der Hildegard-Forschung im Kloster fortsetzt, neben dem Österreicher Weninger. Man tauschte sich aus. Schon bald folgte ein Besuch Weningers in der Abtei. „Er hat gesagt, wir haben so viele wissenschaftliche und spirituelle Ressourcen im Kloster. Da muss man was machen“, erzählt Schwester Maura. Die Äbtissin Dorothea Flandera war für das Projekt schnell gewonnen.
Durch Fügung seien weitere Mitstreiter dazugekommen, keineswegs nur aus dem kirchlichen Bereich, sondern auch Menschen aus der Wirtschaft, der Kultur und der Politik, so Schwester Maura. 15 Gründungsmitglieder zählt der eingetragene Verein, der im Oktober 2018 in aller Stille aus der Taufe gehoben wurde. Ehrenvorsitzender ist Weninger, Schwester Maura wurde zur Vorsitzenden gewählt und die Äbtissin zur stellvertretenden Vorsitzenden.
Obwohl es bisher nur eine Homepage und Einladungen für die Gründungsfeier gibt, haben schon einige angeklopft. Für Schwester Philippa Rath, ebenfalls Mitglied im Vorstand, zeigt das, dass viele Wissenschaftler nur darauf gewartet haben. Sie mussten sich allerdings noch gedulden. Weitere Mitglieder nimmt der Verein erst nach der Gründungsfeier auf. Angesprochen sind alle, die sich mit Leben und Werk der Klostergründerin befassen, die viel mehr war als eine Theologin. Sie war Visionärin, Politikerin, Naturheilkundlerin, Musikerin, sie setzte sich für den sorgsamen Umgang mit der Schöpfung ein und prangerte schon damals die Missstände in der Kirche an.
Benedikt für Manager übersetzen
Personen, die in Kultur, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Verantwortung tragen, sind in der Akademie ebenfalls willkommen, wenn sie sich bei ihrem Handeln auf die Lehren des Heiligen Benedikt als Schutzpatrons Europas und der Heiligen Hildegard stützen wollen. Es gehe darum, Benedikt für Manager zu übersetzen, zu zeigen, wie Führung gelingen könne, so Schwester Maura. Europa, das ist der Ansatz der Akademie, kann nur gelingen, wenn sich die Menschen darauf besinnen, was Europa stark gemacht hat: die christliche Lebenseinstellung.
Die spirituelle und wissenschaftliche Tradition der Abtei St. Hildegard zu stärken und für die Zukunft eines christlichen Europas fruchtbar zu machen, das ist die Zielsetzung der Akademie. Neben der Beschäftigung mit der Geschichte Hildegards und der Frage, was sich daraus für die Gegenwart ableiten lässt, geht es der Akademie auch darum, die Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren – in Seminaren, Exkursionen und Vortragsabenden. Denn: „Vieles ist verloren gegangen“, sagt Schwester Philippa und betont, dass die Kirche daran auch selbst Schuld habe. „Die Leute sitzen auf Kissen und sehen weiße Wände an. Unsere Form der Kontemplation wird nicht mehr gelebt.“