Nur 293 Tage hält sich der frühere Hallgartener Bürgermeister Konrad Hofmann auf dem Chefsessel im Rathaus. Foto: RMB/Heinz Margielsky
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HALLGARTEN - Im Jahr 1927 hatte der damalige Bürgermeister Anton Dietrich sein Amt altersbedingt niedergelegt. „Die Gemeindekörperschaften suchten nun ihr Heil in einem Berufsbürgermeister, welcher denn auch, von 111 Bewerbern, in der Person des Syndikus Konrad Hofmann aus Michelstadt im Odenwald mit zehn gegen fünf Stimmen“ gewählt wurde, so ist in der Schulchronik nachzulesen.
Hofmanns Amtsantritt war mit einigen Hoffnungen verbunden, zumal der neue Bürgermeister ambitionierte Pläne hegte: Der Bau eines Sanatoriums und einer Gebirgsstraße zur Hallgartener Zange standen ebenso auf der Agenda wie die Errichtung eines Volksbades und der Kauf des Löwenstein’schen Weingutes, um nur einige zu nennen.
Hochtrabende Pläne wurden nie verwirklicht
Keiner der überdimensionierten Pläne wurde verwirklicht, aber es wurde viel Geld für die Planung „verbrannt“ und Hofmann sah zu, dass er dabei nicht zu kurz kam: So ließ er sich beispielsweise bei dem Projekt „Volksbad“ eine Gratifikation von 600 Mark auszahlen. Zudem ließ er sich auf Kosten der Gemeinde zu Terminen chauffieren, ließ Telefon in seine Wohnung legen und beschäftigte eine Sekretärin. Auch ein Schreibtisch wurde angeschafft – Kostenpunkt: 90 Mark. Ebenso ließ er sich von der Gemeinde 2500 Mark Vorschuss für ein privates Bauprojekt auszahlen (aus dem natürlich auch nichts wurde). Auch zwei Pistolen ließ er dienstlich anschaffen, ohne dass er dafür einen Waffenschein besaß.
ZUM AUTOR
Stefan Weser ist Vorsitzender des Vereins „Weindorf Hallgarten“. Seinen Vortrag mit dem Titel „Von faulen Wechseln, scharfen Waffen, einem Schmähgedicht, Detektivgeschichten und einem Urteil“, hielt er im Hallgartener Pfarrheim.
Dieses Gebaren und die ausufernde Verschuldung der Gemeinde führten dazu, dass Hofmann schon nach 293 Tagen durch den Landrat bei halben Bezügen von seinem Amt suspendiert wurde. Hallgartens Schuldenstand war von 4850 Mark auf 24 740 Mark explodiert – nachdem drei Mitglieder der Gemeindevertretung die Amtsführung moniert hatten, hatte man in Rüdesheim die Reißleine gezogen.
In den zeitgenössischen Quellen ist nachzulesen, dass nun im Ort „eine Hetze einsetzte, die sich insbesondere gegen den Pfarrer richtete“. Hofmann hatte seine Anhängerschaft vor allem in den Reihen der Sozialisten und diese mutmaßten, der Pfarrer als Vertreter des politischen Zentrums stecke hinter der Amtsenthebung. Das war blanker Unsinn, führte aber in der Folge zu einem vergifteten politischen und gesellschaftlichen Klima im Ort. Darunter musste auch der zwischenzeitlich eingesetzte, kommissarische Bürgermeister Dr. Werthmann leiden, der in das Haifischbecken der Hallgartener Temperamente geworfen wurde. Anonym im Ort angeschlagene Schmähgedichte auf die Gegner Hofmanns, die teilweise unter die Gürtellinie gingen, sorgten für zusätzliches Öl im Feuer.
Was viele nicht wussten: Hofmann plagten ständige Geldsorgen, noch aus seiner Zeit, bevor er nach Hallgarten gekommen war. In der Folge stellte er faule Wechsel aus, schaffte einen Pfändungsbeschluss beiseite, wies die Gemeindekasse an, die Lohnsteuer von seinem Gehalt nicht abzuführen, und lieh sich unter falschen Versprechungen bei allen möglichen Leuten Geld.
Verurteilung wegen Betruges und Urkundenfälschung
Eine erste Verurteilung wegen Betruges und Urkundenfälschung ließ er nicht auf sich sitzen und ging in die Berufung. Insgesamt vier Verhandlungen und eineinhalb Jahre später wurde er dann doch zu zwölf Monaten Gefängnis verurteilt. Zwischenzeitlich hatte er den Offenbarungseid leisten müssen, aber zuvor versucht, durch eine notarielle Übereinkunft mit seiner Frau Wertgegenstände der späteren Pfändung zu entziehen. Die Gemeinde musste jahrelang (mindestens bis 1936) zivilrechtlich gegen Hofmann prozessieren und blieb trotzdem auf unbezahlten Forderungen sitzen.
Dubioser „Detektiv“ aus Wiesbaden
Seine privaten Gläubiger wachten wohl spätestens nach der endgültigen Verurteilung aus ihrem Dornröschenschlaf auf und versuchten, ihr Geld zu retten. Diese Versuche spülten, sozusagen als Krönung der ganzen Hofmann-Geschichte, eine weitere dubiose Gestalt ins Rampenlicht: den Wiesbadener „Detektiv“ Josef Haas. Dieser witterte, als er durch Zufall Kontakt mit einem der Gläubiger Hofmanns bekam, die Möglichkeit, selbst „abzusahnen“. Seine „Bemühungen“, Geld für die Gläubiger Hofmanns einzutreiben, ließ er sich fürstlich bezahlen.
Letztendlich flog alles auf: Haas wurde zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Hofmann musste seine zwölf Monate Gefängnis in Frankfurt-Preungesheim absitzen und verschwand in der Folge aus Hallgarten. Zurück blieben fast nur Verlierer, materiell wie menschlich. Hofmann starb 1942 im Alter von 49 Jahren.