500 Menschen protestieren gegen AfD-Veranstaltung in Winkel
Von Barbara Dietel
Drinnen tagt die AfD, vor der Brentanoscheune versammeln sich rund 500 Demonstranten zur Gegenkundgebung. Fotos: RMB/Heinz Margielsky:
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WINKEL - Der Rheingau ist bunt, nicht braun, dieses Signal senden am Dienstagabend nach Schätzungen der Polizei rund 500 Demonstranten aus. Viele Rheingauer, darunter auch einige Politiker, sind dem Aufruf zur Kundgebung gegen eine Veranstaltung der AfD Rheingau-Taunus in der Brentanoscheune in Winkel gefolgt, aber auch aus dem Idsteiner Land und dem weiteren Umkreis kommen die Demonstranten. Klothilde Hinz zum Beispiel, Sprecherin der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und der Antifaschisten aus Bad Kreuznach, hat bei den Ostermärschen vom Auftritt der AfD in Winkel gehört.
„Alternative für niemand“
Bunt und kreativ wünschen sich die Veranstalter – das sind unter anderem sämtliche Rheingauer Ortsverbände der SPD, die Grünen, Die Linke, die Jugendorganisationen der Parteien, die Ahmadiyya Muslim Gemeinde Rheingau, „Besser als nix“, die Nachbarschaftshilfe Oberer Rheingau, Refugees welcome to Rheingau, SchüCA Geisenheim und das Wiesbadener Bündnis gegen Rechts – den Protest. „Kein Riesling für Nazis“, „Riesling statt braune Suppe“, „Damit sich die Geschichte nie wiederholt“ oder „Nazis sind Scheiße. Glaubt mir, ich habe sie selbst erlebt“, ist auf Plakaten zu lesen. Ein Demonstrant trägt ein T-Shirt mit nachgemachtem AfD-Logo „Alternative für niemand“, ist dort zu lesen. Nachdem die AfD Anzeigen geschaltet und Plakate für die Veranstaltung aufgehängt hatte, gründete sich die Initiative „Der Rheingau bleibt bunt“ und organisierte innerhalb weniger Tage die Gegenkundgebung. „Ich hätte nie gedacht, dass so viele kommen,“ ist Carsten Sinß (SPD), der die Demo gemeinsam mit Christina Anna Hajek (Linke) anmeldete, am Ende restlos zufrieden.
Sogar der Himmel zeigt sich an diesem Abend bunt: Ein Regenbogen spannt sich zwischen Brentanohaus und Brentanoscheune. Gut 50 AfD-Anhänger sitzen zu diesem Zeitpunkt in der Brentanoscheune, stimmen sich schon auf den Wahlkampf ein und warten auf den Auftritt des ehemaligen Frankfurter Stadtkämmerers Albrecht Glaser, einst CDU, jetzt stellvertretender Bundesvorsitzender der AfD. Über Schicksalsfragen der Nationen will er reden vor den Versammelten, die sich zuvor anmelden mussten.
Drinnen tagt die AfD, vor der Brentanoscheune versammeln sich rund 500 Demonstranten zur Gegenkundgebung. Fotos: RMB/Heinz Margielsky: Foto:
Hinter den Polizisten bahnen sich die Besucher der AfD-Veranstaltung ihren Weg zur Brentanoscheune, begleitet von gellenden Pfeifkonzerten. Foto:
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Doch die Musik spielt im wahrsten Sinne des Wortes vor der Tür. Aaron Idstein, Medea Brand und Yara Höhn von „Lighthouse Lane“ spielen auf dem Parkplatz der Brentanoscheune Liebeslieder „als Kontrast zum Hass drinnen“. Dazwischen läuft Musik aus der Konserve, schließlich wollen die Veranstalter mit der Gegenkundgebung erreichen, dass die fremdenfeindlichen Botschaften der AfD nicht gehört werden. Und laut ist es jedes Mal, wenn sich ein AfD-Anhänger den Weg durch ein großes Polizeiaufgebot und die Demonstranten zum Eingang der Brentanoscheune bahnt. Ein Trillerpfeifenkonzert begleitet jeden, der den Weg zur Brentanoscheune einschlägt, begleitet von „Nazis raus“-Rufen.
„Schwein“, ruft einer einem mutmaßlichen AfD-Anhänger hinterher und wird von einem Polizisten zurechtgewiesen. „Keine Beleidigungen“, erklärt er. „Aber Nazi darf ich sagen?“, fragt der zurück. „Das müssen Sie mit ihm klären“, sagt der Polizist. Es bleibt nicht die einzige Diskussion zwischen Demonstranten und der Polizei. Wer die Demokratie mit Füßen tritt, könne sich nicht auf die demokratischen Rechte berufen, erklären Demonstranten den Polizisten. Und: „Auch Polizisten können Nein sagen.“
Zwei Aktivisten landen in Polizeigewahrsam
Wolfgang Gores, Einsatzleiter und Chef der Rüdesheimer Polizeistation, lässt das unkommentiert. Es sei schwer, nach einem langen Dienst noch freundlich zu bleiben, wenn man beleidigt wird. Doch es sind nur wenige, die mit Worten übers Ziel hinausschießen. Zwei Demonstranten – einer sitzt für eine ganze Weile mit der Regenbogenfahne auf einem Laternenmast – landen zum Feststellen der Personalien in der Polizeistation in Rüdesheim. Außerdem zeigt ein AfD-Mitglied die Beschädigung seines Autos an. Weitere Zwischenfälle gibt es nicht. Die hatte der Oestrich-Winkeler Bürgermeister Michael Heil, der ebenfalls vor Ort war, durchaus befürchtet. „Ich bin von einigen angegangen worden, dass die Stadt eine solche Veranstaltung erlaubt. Dabei konnten wir das doch gar nicht verhindern“, sagt er. Aber ein Zeichen setzt die Stadt. Der Magistrat hat beschlossen, die von der AfD gezahlte Raummiete der Oestrich-Winkeler Flüchtlingshilfe zukommen zu lassen.