Hurra, hurra, der Kasper brennt: Halefeuer in Wollmerschied
Fichtennadeln knistern, Funken glühen: Beim Halefeuer in Wollmerschied wurde wieder die Strohpuppe Kasper verbrannt. Die Prozedur hat Auswirkungen auf das diesjährige Wetter.
Von Thorsten Stötzer
Muntere Flammen, wenig Qualm und ein rasches Ende für den Kasper: So erleben die Zuschauer in Wollmerschied diesmal das Halefeuer.
(Foto: Thorsten Stötzer)
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WOLLMERSCHIED - In diesem Jahr muss das Wetter deutlich anders werden als 2018. Das ergibt sich aus den Beobachtungen beim Halefeuer in Wollmerschied, wo die Altvorderen angeblich aus Flammen und Rauch Schlüsse für die nächste Ernte ziehen konnten. Im vorigen Jahr verbrannte der dämonische Kasper – eine Strohpuppe – nicht, was einen trockenen und langen Sommer nach sich zog. Doch diesmal wird der Kasper innerhalb weniger Minuten vom Feuer verschlungen.
Trockene Fichtennadeln knistern, Funken sprenkeln den Himmel mit einem glühenden Orange. Nach Sturmwarnungen am Vortag herrscht nun nahezu Windstille, was das Halefeuer begünstigt. Außerdem kommt das trockene Wetter den Zuschauern entgegen: Familien mit kleinen Kindern sind ebenso dabei wie Rentner.
Das Halefeuer besitzt eine uralte Geschichte. Heidentum und christlicher Glaube mischen sich, wenn beim Anzünden „Großer Gott, wir loben dich“ gesungen wird. Gepflegt wird die Tradition jedoch nur in wenigen Ortschaften. In der hiesigen Region treffen sich noch die Espenschieder am Halefeuer, das von Wollmerschied aus über die finsteren Kämme einiger Hügel des Wispertaunus hinweg sichtbar ist.
Die Sportgemeinschaft Wollmerschied ist in diesem Jahr der Gastgeber; man wechselt sich ab mit der örtlichen Feuerwehr. „Es sind aber fast immer dieselben Leute“, sagt Günter Arz, seit der Vereinsgründung 1981 Vorsitzender der Sportler, über den Aufbau. Zwei Tage lang haben die Helfer alte Christbäume und Stroh aufgeschichtet. Sogar eine ausrangierte hölzerne Gartenbank thront auf dem Scheiterhaufen.
Früher mit Axt und Säge in den Wald gezogen
Erfahrung und Kenntnisse sind nötig, um das Gerüst zu stellen, das die Basis bildet. In der Mitte ragt ein dürrer Stamm, an dem der Kasper hängt. „Die Leute haben Spaß beim Aufbau“ – trotz der Mühen, versichert Arz. Schließlich geht es gesellig zu, Wurst und Bier fehlen nicht. „Es geht auch um das Gemeinschaftliche“, erklärt der Vorsitzende, das Halefeuer sei ein wichtiger Anlaufpunkt im Dorfleben.
An eine Bewirtung wie heutzutage sei früher jedoch nicht zu denken gewesen, erinnert sich der 1955 geborene Arz. Seine ersten acht Schuljahre habe er noch in Wollmerschied und Ransel verbracht, die Jungs der beiden obersten Klassen seien den ganzen Winter lang mit Axt und Säge in den Wald gezogen, um Holz für das Halefeuer zu schlagen. „Man konnte da auch schon eine Zigarette am Lagerfeuer rauchen“, was für etwa 13-Jährige eine seltene Gelegenheit auf dem Weg zum Erwachsensein dargestellt habe.
Arz hoffe, dass das Brauchtum in der nächsten Generation weiterlebe. Einige junge Leute wirken bereits mit. Wachstum gibt es bei den Besucherzahlen. Waren vor Jahrzehnten nur ein paar Einheimische vor Ort, so begrüßt Ottmar Missler heute Gäste aus Ransel, den rheinland-pfälzischen Nachbarorten und sogar aus Geisenheim. Zu den zahlreichen Einflüssen rund um das Halefeuer reiht sich die Fastnacht ein: Viele tragen noch ihre Kostüme passend zum rußgeschwärzten Gesicht.