Landtagswahlkampf: Cem Özdemir unterstützt Grüne in Eltville

Gruppenbild mit Ex-Parteichef: Cem Özdemir (Mitte), umgeben von Ministerin Priska Hinz (rotes Kleid) und der Kreisvorsitzenden Waltraud Wolter sowie den Direktkandidaten Kai Klose (links) und Klaus Stolpp (rechts). Foto: DigiAtel/Heibel
RHEINGAU-TAUNUS/ELTVILLE - Natürlich geht Cem Özdemir auch auf den „Fall Maaßen“ ein. Schließlich ist die Nachricht, dass der Verfassungsschutzpräsident abberufen und dafür Innenstaatssekretär wird, erst ein paar Minuten alt, als der ehemalige Grünen-Bundesvorsitzende zur Veranstaltung ans Eltviller Rheinufer kommt. „Was er als Behördenchef getan hat, ging über seine Kompetenzen hinaus“; Maaßen hätte von sich aus zurücktreten müssen. Die Lösung sei eine typisch großkoalitionäre Gesichtswahrung. Er verstehe Seehofers Taktik nicht, die ständigen Grenzverschiebungen seien schließlich der CSU im bayerischen Landtagswahlkampf nicht von Nutzen, sondern nur den rechtspopulistischen „Feinden der Demokratie“.
Erdogan hätte er gern als Außenminister empfangen
Ob er um das entgangene Amt des Bundesaußenministers trauere, wird Özdemir gefragt, der das Scheitern der „verlindnerten“ Jamaika-Sondierung im November 2017 hautnah miterlebte. Den türkischen Präsidenten Erdogan als Mitglied der Bundesregierung zu empfangen, hätte ihm schon „diebische Freude“ bereitet, verrät der gut aufgelegte Bundestagsabgeordnete. Als Erdogan-Kritiker dürfe er derzeit nicht mal ins Heimatland seiner Eltern einreisen, sagt Özdemir, der gemeinsam mit der hessischen Umweltministerin und Grünen-Spitzenkandidatin Priska Hinz mehrere Dutzend Gäste um sich schart.
Wie sie im kommenden Jahr mit ihrem Euro IV-Diesel angesichts eines drohenden Fahrverbots nach Wiesbaden komme, fragt eine Frau. Die Bundesregierung stehe noch immer auf der Seite der betrügenden Autoindustrie, statt auf einer Hardware-Nachrüstung zu bestehen, schimpft die Politikerin Hinz. Man unterstütze die Kommunen mit ÖPNV-Flottenumstellungen und Radwegkonzepten beim Versuch, Fahrverbote zu umgehen, sagt die Ministerin Hinz – und bittet um Verständnis für Grenzwerte, die die Gesundheit von Menschen in Großstädten schützten. Özdemir ist in dieser Frage mehr Schwabe als Grüner: Er wolle nicht zulassen, dass „unsere“ Produkte und das Siegel „Made in Germany“ Schaden nehmen durch Kumpanei und jahrelanges Verschlafen von Innovationen etwa bei der Batterietechnik, sagt der „Patriot“ Özdemir, der bei Auftritten in der Provinz gern zum Dialekt greift. Die deutsche Automobilindustrie werde schlimmstenfalls eines Tages zum Zulieferer chinesischer Konzerne degradiert.

Hessen gehe den richtigen Weg, nicht nur bei der Ökologie, sondern auch bei gerechter Bildung, lobt Özdemir. Aber auch kritische Fragen müssen Hinz und er parieren: etwa nach der Verantwortung der Grünen als ehemalige Regierungspartei in NRW für die Weiternutzung der Braunkohle – und damit die Rodungen im Hambacher Forst. Man habe sich schlicht nicht gegen die Pro-Kohle-Parteien durchsetzen können, erklärt der Grüne und folgert daraus: „Machen Sie uns am 28. Oktober stark!“
Auch nach dem Sinn von Waldrodungen für Windkraft und der tatsächlichen Emmissionsfreiheit von E-Autos wird gefragt. „Wir lieben unseren Wald, aber auf den Höhen weht nun mal der Wind“, antwortet Hinz. Solange nichts Besseres als Solar- und Windenergie da seien, müssten diese genutzt werden. „Ich baue gerade ein Atomkraftwerk in Biblis ab“, sagt die Umweltministerin mit Blick auf die bei Windenergie überschaubaren Folgeschäden. Bei der Mobilität sei man offen für Technologien, betonen Hinz und Özdemir unisono. Wachstum, Wohlstand, Jobs und dabei die Umwelt schonen – darum gehe es am „achtundzwanzigschden Oktober“, rät der Realo noch und entschwindet grüßend.
DIE KANDIDATEN
Im Wahlkreis 28 (Rheingau plus Bad Schwalbach, Heidenrod und Schlangenbad) kandidiert Klaus Stolpp (Jg. 1952) aus Schlangenbad, der dort in der Gemeindevetretung sitzt, für den Landtag. Im Wahlkreis 29 (Untertaunus) steht der Landesvorsitzende und Staatssekretär Kai Klose (44) aus Idstein zur Wahl.