Reisender Musiker Jan Simowitsch spielt auch in Geisenheim
Mit dem Fahrrad ist der Norddeutsche im ganzen Land unterwegs. Nun hat er in der Lindenstadt Station gemacht – und auch hier ein Konzert für den Klimaschutz gegeben.
Von Thorsten Stötzer
In Geisenheim gibt der Musiker Jan Simowitsch, der per Fahrrad durchs Land zieht, im katholischen Pfarrsaal ein Konzert. Einen Zyklus eigener Werke hat er Grönland gewidmet, das ihn oft an den Klimawandel denken lässt.
(Foto: DigiAtel/Heibel)
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GEISENHEIM - Die Finger sind noch geschmeidig, trotz der fünf Stunden, die sie an diesem Tag einen Fahrradlenker umklammert haben. 85 Kilometer weit ging es von Nassau die Lahn hinab, dann den Rhein hinauf, bis die Sperrung der B 42 bei Lorch für eine unwillkommene Überraschung sorgte. Abends sitzt Jan Simowitsch dann in Geisenheim am Klavier und gibt ein Konzert für den Klimaschutz. „Musik für Bäume – Von Rostock bis Regensburg mit dem Rad durch die Republik“, lautet das Motto.
Gestern in Nassau, morgen in Bad Kreuznach
Vorgestern in Limburg, gestern in Nassau, morgen in Bad Kreuznach: Das ist typisch für die ökumenische Reise des hauptberuflichen Kirchenmusikers aus Hamburg, der sich vorgenommen hat, unterwegs 7500 Euro für neue Bäume zu sammeln. „Knapp 5500 Euro sind es aktuell“, berichtet Simowitsch im katholischen Pfarrsaal in der Zollstraße. Zu 90 Prozent erziele er die Einnahmen im Umfeld der Konzerte an den Stationen. Das Klavier nimmt er natürlich nicht auf dem Gepäckträger mit, dafür aber Packtaschen.
Einen Zyklus eigener Werke hat er Grönland gewidmet, einem Land, das ihn oft an den Klimawandel denken lässt. Mit Gletschern und Eisschollen schmilzt der Lebensraum der Eisbären, die Kultur der Inuit sei in Gefahr. Eine andere Kombination von kurzen Stücken heißt „Sundevit“ und befasst sich mit Städten, die alle nicht fern der Ostsee zu finden sind. Der Künstler selbst grüßt mit einem „freundlichen Moin in die Runde“, denn der 41-Jährige ist in Rostock geboren und im Norden aufgewachsen.
Bei gedämpftem Licht entsteht eine sanfte Atmosphäre. Die instrumentale Musik lässt manchmal nicht klar erkennen, ob Vogelgesang ihr Bestandteil ist oder ob ihn bei offener Tür die Natur beisteuert. Selbst eine Schnur, die gegen einen Fahnenmast schlägt, ist zu vernehmen, so konzentriert ist die Stimmung. Abgelöst wird sie von Beifall. „Windflüchter“ ist der Titel eines weiteren Zyklus, den Jan Simowitsch spielt. Komponiert hat er auch über die Jahreszeiten am Vänern-See in Schweden.
Wie Sarah Krebs vom Referat Kirchenmusik im Bistum Limburg mitteilt, kooperiert ihre Stelle bei der V der Veranstaltung mit der Jugendkirche Kana und mit Fridays for Future Geisenheim. Der Jugendausschuss der Pfarrei bewirtet ein Dutzend Besucher. Hendrik ist von Fridays for Future Wiesbaden nach Geisenheim gekommen und spricht in einer philosophisch und naturwissenschaftlich geprägten Rede über die Menschwerdung und Verantwortung und mahnt: „Wir ignorieren im Konsumrausch die Stimme der Natur.“
„Auf der kleinen, regionalen Ebene fängt es an“, diese These greift später ebenfalls der Gartenbau-Student Moritz auf. „Global denken – lokal handeln“ ist die bekannte Formulierung dafür. Die könne im Sinne des Klimaschutzes beispielsweise umgesetzt werden, wenn jemand gebrauchte Waren kaufe oder seltener Auto und Flugzeug benutze und dafür mehr Rad fahre. Damit ist wieder der Bogen geschlossen zu Jan Simowitsch, einem Anhänger von Bahn und Fahrrad, der gerade Überstunden mit seiner Tour abfeiert.
Abgestorbene Fichten sind ihm in Hessen als Zeichen des Klimawandels aufgefallen. Hierzulande hätten sich außerdem die acht Gänge an seinem klassischen Trekkingrad bewährt – in Schleswig-Holstein brauche sie keiner. Unterkunft findet Simowitsch meist privat, wenn er aus dem Sattel steigt. „Ich kenne jetzt diverse Pfarrhäuser“, erzählt er.