Keine Furcht vor dem Sattel: Pferd aus den USA im Rheingau
Durch das Programm „Mustang Makeover“ gelangte Silver Lining aus den USA in den Rheingau. Der Birkenhof-Inhaber bei Stephanshausen, Ralf Heil, hat das Pferd an Menschen gewöhnt.
Von Thorsten Stötzer
Ralf Heil, Inhaber des Birkenhofs bei Stephanshausen, reitet auf der Stute Silver Lining. Durch das Programm „Mustang Makeover“ gelangte das Pferd aus den USA in den Rheingau.
(Foto: Heinz Margielsky)
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STEPHANSHAUSEN - Erst lastet die Satteldecke auf Silver Linings Rücken, dann der Sattel selbst. Zwar hat es vier Wochen gedauert, bis Ralf Heil an solche Handgriffe denken durfte, doch jetzt steht die Stute seelenruhig vor ihm. „Wer zuschaut, erkennt nicht mehr, dass das Pferd vor vier Monaten noch ein wildes war“, fasst der Inhaber des Birkenhofs bei Stephanshausen die Fortschritte zusammen.
Durch das Programm „Mustang Makeover“ gelangte das Pferd aus den USA (diese Zeitung berichtete) in den Rheingau und erhielt dort den Namen Silver Lining. Gut 100 Tage blieben seither Heil und 14 weiteren Pferdetrainern – nur einer ist ausgestiegen – in halb Europa, um die Tiere an eine neue Umgebung und an Menschen zu gewöhnen. Am Wochenende, 23. bis 25. August, endet nun diese spannende Phase in Aachen.
Den Vierbeiner „lesen“ – wie beim Flirt zwischen Menschen
Auf dem Gelände des CHIO – eines seit 1924 stattfindenden internationalen Pferdesport-Turniers – werden die Mustangs vorgeführt, von einer Jury bewertet und letztlich versteigert. In einen Transportanhänger ein- und auszusteigen hat Silver Lining inzwischen ebenso gelernt wie sich reiten zu lassen. Bis in die Schweiz und nach Mönchengladbach haben Reisen geführt. „Man muss ihr positive Gedanken geben“, sagt Heil. Auch Furcht vor dem Tierarzt soll das Pferd nicht haben.
Den Vierbeiner „lesen können“, so wie beim Flirt zwischen Menschen, beschreibt Heil als Kernaufgabe. Berührungen an der Nase seien zum Beispiel ein sensibler Punkt. Ins Gelände konnte er mit der Mustang-Stute recht früh starten, aber sie auf einem kleinen Reitplatz zum Galoppieren zu bringen, erwies sich als eine große Herausforderung für ihn. „Alles muss für sie einen Sinn machen“, Spurts auf beschränktem Raum zählten für das Tier offenbar nicht dazu, ehe Heunetze an der Bande hingen.
Einmal habe er „im Dreck gelegen“, räumt der Pferdecoach ein. Letztlich jedoch schätzt Heil, dass er viel gelernt habe in den vergangenen Wochen. „Der Charakter hat sich voll bestätigt“, generell sei Silver Lining introvertiert, „Emotionen gehen bei ihr nach innen“. Intelligent, rational, selbstständig und mit spürbarem Selbstvertrauen gesegnet zu sein, gesteht er der Sechsjährigen ebenso zu.
Mit der Zeit sei die Stute zugänglicher geworden, schildert Julia Mack-Heil, die Ehefrau Ralf Heils, die gleichfalls die Stute geritten hat. Mit der Zeit ließ diese zudem Praktikanten und Helfer an sich heran. Selbst gegenüber einem plötzlich auftauchenden Auto im Wald zeigte sich Silver Lining tolerant. „Sie ist jetzt schon ein toller Freizeitpartner“, wenngleich das Training noch eine Weile fortgesetzt werden müsse. Hufeisen benötigt der Mustang übrigens nicht, was aus seiner Herkunft aus der Herde „South Steens“ in Oregon resultiert, wie Mack-Heil erläutert, während ihr Mann das Pferd mit Bodenarbeit beschäftigt. Silver Lining dreht Kreise um blaue Tonnen und springt über eine kniehohe Stange. Dann „parkt sie ein“ vor einem umgestülpten Kübel, der Ralf Heil zum Aufstieg in den Sattel dient – und das ganz entspannt.