Meditationsseminar im Kloster Eberbach: Still sitzen und ruhig atmen
Von Laura Jung
Foto: Richard Kern
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KLOSTER EBERBACH - „Maranatha“ heißt das Gebetswort für die Meditation, auf das sich die Teilnehmer zwanzig Minuten lang konzentrieren sollen. „Das Wort ist aramäisch und heißt übersetzt so viel wie ,Komm, Herr‘“, erklärt Marcus Lübbering, Vorsitzender der Academie Kloster Eberbach und Organisator des Tagesseminars. „Sprechen Sie es jeweils beim Ein- und beim Ausatmen mit vier gleichbetonten Silben: ma-ra-na-tha“, erklärt der Katholik, der regelmäßig meditiert seit er Mitte 20 ist. Lübbering schwört darauf. „Die Welt wäre ein besserer Ort, wenn alle Menschen meditieren würden“, sagt er und weiß aus eigener Erfahrung, dass die Ausgeglichenheit als erstes dem familiären und beruflichen Umfeld auffällt. Die Befreiung aus dem Hamsterrad, ganzheitliches Denken, eine bessere Selbstdisziplin, neurologische Studien bezeugen, dass es für die Gesundheit förderlich ist, regelmäßig still zu sitzen, zu meditieren und tief zu atmen.
An diesem Samstag wird es noch drei weitere Meditationseinheiten geben, in denen die fünfzehn Teilnehmer lernen, zur Ruhe zu kommen, die Stille auszuhalten und nicht zu denken.
Technik hilft im Kampfsport oder im Kindergarten
Für viele ist das am Anfang gar nicht so leicht. „Ich habe früher im Kampfsport meditiert, um mich vor dem Kampf auf meine Stärken zu fokussieren“, erzählt eine Teilnehmerin aus Erlangen, die diese Gewohnheit wieder in ihren Alltag integrieren möchte.
Eine achtsame Bewusstheit, ein Zur-Ruhe-kommen des Körpers, ein besseres Schutzschild gegen äußere Einflüsse – Gründe zu meditieren gibt es viele. Eine Kindergärtnerin schildert, dass sie den Lärm der Kinder besser aushalte, wenn sie regelmäßig meditiere. Eine Neurowissenschaftlerin forscht zum Thema und weiß zu berichten, dass regelmäßiges Meditieren die Verbindungen zwischen den beiden Gehirnhälften stärke.
Interessant ist für viele, dass es neben der buddhistischen Tradition auch einen christlichen Zugang zum Thema gibt. „Rom war damals genauso satt, wohlhabend und reich wie wir es heute sind“, erzählt Lübbering, „die Gesellschaft war unzufrieden und auf Sinnsuche“. Die christlichen Mönche aus Ägypten, die das einfache Leben bevorzugten und sich in die Wüste zurückgezogen hatten, hätten um das Jahr 360 regen Zulauf erlebt.
Vom christlichen Priester Johannes Cassianus (360-435) ist in zehn Abschnitten überliefert, wie die Wüstenväter beteten. Im Osten Europas habe sich diese Tradition bis heute gehalten, berichtet Lübbering. „Die ständige Wiederholung eines Wortes führt zum Loslassen, zur geistigen Fokussierung und zur Öffnung des Inneren.“
Bei regelmäßiger Praxis führe es zu innerem Frieden und einer Heilung alter Verletzungen, berichtet Mathias Beißwenger, Vertreter der Weltgemeinschaft für christliche Meditation (WCCM), der als Referent für die erkrankte Hochschuldozentin Kim Nataraja eingesprungen ist. Dass es gerade in stressigen Zeiten wichtig sei, nicht mit der Meditationspraxis aufzuhören, weiß der selbstständige Finanzberater aus eigener Erfahrung.
„Der Weg nach innen ist etwas ganz Natürliches, das sich in fast allen Kulturkreisen und Religionen widerspiegelt“, glaubt Beißwenger. „Im Westen entdecken wir das jetzt wieder.“ Für viele Skeptiker eine echte Herausforderung, für andere eine natürliche menschliche Aktivität.