Kloster Eberbach: Ein taktiles Modell ermöglicht es blinden und sehbeeinträchtigten Menschen die Anlage kennenzulernen
Von Claudia Kroll-Kubin
Kloster Eberbach zum Anfassen: Das neu eingeweihte Tastmodell ermöglicht es, die Anlage in seiner Gesamtheit zu erfassen. Foto: DigiAtel/Heibel
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KLOSTER EBERBACH - „Uralt trifft hochmodern. Das ist für uns alle ein besonderer Meilenstein auf dem Weg zu mehr Barrierefreiheit in unseren 900 Jahre alten Mauern“, erklärte Martin Blach, Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung Kloster Eberbach, bei der offiziellen Einweihung des taktilen 3D-Modells der Klosteranlage. Am Eingang der Klosterkasse gibt es ab sofort auch für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen die Möglichkeit, das gesamte Klostergelände an einem maßstäblich stark verkleinerten, dreidimensionalen Tastmodell in seiner Gesamtheit zu erfassen.
„Optisch gut gelöst und klar strukturiert, die einzelnen Gebäudeteile sind wunderbar zu fühlen. Man hat eine Orientierung“, sagten drei Damen vom Arbeitskreis der Wiesbadener Behindertenorganisationen und der Interessengemeinschaft Behinderter, die sich gemeinsam mit dem Vereinsvorsitzenden, Joachim Mast, einen ersten Eindruck vom inklusiven 3D-Modell der Klosteranlage machten.
224 Scans für die Vermessung
„Da Finger im Vergleich zum Auge weniger schnell Informationen aufnehmen können, besteht die Hauptanforderung in der Gestaltung von taktilen Modellen darin, für Inhalt, Strukturen und auch Abstände jeweils den richtigen Differenzierungsgrad zu finden“, erläuterte Sylvia Schwenger. Als Diplom-Designerin Taktile Medien an der Deutschen Blindenstudienanstalt Marburg hatte sie der Stiftung Kloster Eberbach mit ihrem Fachwissen beratend zur Seite gestanden, wofür Blach ihr herzlich dankte.
Einen weiteren Dank sprach der Stiftungsvorsitzende der Technischen Hochschule Mittelhessen und deren Studierenden aus. 2016 hatten diese unter der Leitung des Lehrbeauftragten Mario Bodenbender einen 3D-Scan der kompletten Klosteranlage erstellt. „224 Scans waren nötig, um die gesamte Liegenschaft inklusive einzelner Räume zentimetergenau zu vermessen“, merkte Bodenbender bei der Einweihung an. Umfangreiche Daten, die die wichtige Ausgangsbasis für die anschließenden 3D-Drucke lieferten, mit denen das taktile Modell fertiggestellt wurde.
„Die Druckbarkeit, das Klare und die Reduktion war wesentlich, so mussten wir etwa auch viele Details weglassen, die fürs Modell nicht geeignet waren“, erklärten Martin Sünderhauf und Sophia Röder vom 3D-Dienstleister Rapidobject aus Leipzig, der den 3D-Druck umgesetzt hatte. „Aus den 3D-Daten ergibt sich eine Punktewolke, aus der das 3D-Modell entsteht. Für den Druck haben wir ein geschichtetes Polyamid verwendet, das in Harz getränkt und damit wasserabweisend ist“, sagte Sünderhauf weiter zur Technik und demonstrierte am Modell, wie die Originalhaptik durch die verschiedenen Strukturen erfahrbar wird. Wobei die wichtigsten Informationen zur Klosteranlage zudem mit einer Legende in Punkt- und Schwarzschrift erfasst sind.
„Es ist uns ein Anliegen, diesen magischen Ort für alle Besuchergruppen erfahrbar zu machen“, unterstrich Blach und richtet final seinen Dank an die Förderer des sich auf gut 40 000 Euro belaufenden Projektes, an die „Stiftung Flughafen Frankfurt/Main für die Region“, vertreten durch die Geschäftsführerin Jutta Nothacker und an die Lotterie- und Treuhandgesellschaft Hessen (Lotto-Hessen), für die der Geschäftsführer, Heinz-Georg Sundermann, zugegen war.