Hochschule Geisenheim widmet sich Vorteilen der Querterrassierung in Steillagen
Von Jutta Schwiddessen
Redaktion Rheingau-Taunus
Blick auf die Terrassierung des Lorcher Schlossbergs: Gut zu erkennen ist die Begrünung zwischen den Rebzeilen, die den Hang vor Erosion schützt. Foto: Gilbert Laquai
( Foto: Gilbert Laquai)
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RHEINGAU - „Wovon ich schon immer überzeugt war, bekommt jetzt auch noch einen breiteren wissenschaftlichen Unterbau“, freut sich Gilbert Laquai über das Projekt „BioQuis“ der Hochschule Geisenheim. Das widmet sich nämlich der Querterrassierung im Steillagenweinbau, für die Laquai im Rheingau ein Pionier ist.
„Wirtschaftlicher und ökologisch sinnvoller“
„Weil es wirtschaftlicher und ökologisch sinnvoll ist“, sagt der Techniker für Weinbau und Kellerwirtschaft und Mitinhaber des mit 24 Hektar größten Weinguts in Lorch. Und er weiß, wovon er redet: 95 Prozent seiner Rebflächen befinden sich in Steillagen, der steilste Weinberg besitzt eine Hangneigung von 70 Prozent. Und weil hier keine Maschinen fahren können, bedeutet die Bewirtschaftung extrem viel zeitintensive und teure Handarbeit.
Der Weinbau in Steillagen hat das Landschaftsbild in vielen wärmebegünstigten Regionen Deutschlands über Jahrhunderte geprägt und führte zu abwechslungsreichen Landschaften. Allerdings ist die Bewirtschaftung der heutzutage meist in Falllinie angelegten Weinberge sehr arbeitsintensiv, was vor dem Hintergrund sich verteuernder Produktionskosten oft nicht mehr tragfähig ist. Die vielen Weinbergsbrachen im Mitterheintal und an der Mosel machen das Dilemma deutlich.
Als Lösungsansatz untersucht die Hochschule Geisenheim im Rahmen des Forschungs- und Umsetzungsprojektes BioQuiS deshalb jetzt die Querterrassierung im Steillagenweinbau. Das im Januar 2018 begonnene Projekt ist auf drei Jahre angelegt und wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt mit knapp 400 000 Euro gefördert.
„Neben der arbeitssparenden Bewirtschaftung mit Schmalspurschleppern haben Querterrassen-Weinberge auch einen ökologischen Vorteil. Ein Teil des Weinbergs besteht aus Böschungen, die der direkten Bewirtschaftung entzogen sind und ein großes Potenzial für den Naturschutz haben“, erklärt Projektleiterin Professorin Ilona Leyer vom Institut für angewandte Ökologie. „Es gibt aber noch zahlreiche offene Fragen wie zum Beispiel Erstbegrünung, Erosionsschutz, Böschungspflege, Biodiversitäts- und rechtliche Aspekte.“
Schließlich will man die Steillagenwinzer des gesamten Mittelrheintals für die Querterrassen-Alternative gewinnen. Was nicht unbedingt einfach ist, weiß Gilbert Laquai, der zusammen mit den Staatsweingütern, die sich von ihm ebenfalls zur Querterrassierung beraten ließen, und dem rheinland-pfälzischen Weingut Ratzenberger Praxis-Partner des Geisenheimer „BioQuis“!-Projekts ist. Hauptkritik, sagt Laquai, ist dass man bei der Umstellung auf die Querterrassierung „etwa 20 Prozent weniger Stöcke auf der Fläche hat und die Anfangsinvestitionskosten relativ hoch sind.“ Schließlich müssen für die Umstellung große Teile der Reben komplett neu angepflanzt werden. „Dennoch lohnt es sich“, ist Laquai überzeugt. „Zumal es für die Umstrukturierung EU-Zuschüsse gibt und die Betriebskosten später deutlich sinken.“
Praxisleitfaden für Weinbau, Naturschutz und Politik
Mit-Projektleiter Professor Manfred Stoll vom Institut für allgemeinen und ökologischen Weinbau hat noch einen anderen Aspekt im Fokus: „Die geänderte Zeilenorientierung und die in Querterrassen-Weinbergen geringere Rebdichte beeinflussen das Mikroklima und die Wasserversorgung des Rebbestandes. Das kann Auswirkungen auf Ertrag, Aroma- und Inhaltsstoffbildung sowie die Rebengesundheit haben. Diese Wechselwirkungen zwischen Rebe und ihrer Umwelt wollen wir vergleichend für Falllinien- und Querterrassen-Weinberge untersuchen“.
Die drei Praxispartner von BioQuis werden in diesem Frühjahr Querterrassen-Weinberge im Mittelrheintal neu anlegen und dabei unterschiedliche Begrünungsmischungen und Ansaat-Techniken erproben. Aber auch bestehende Querterrassenanlagen werden unter die Lupe genommen, um deren Bedeutung für die biologische Vielfalt zu bewerten und um unterschiedliche Böschungspflegevarianten einschließlich Schafbeweidung zu testen. Die Ergebnisse von BioQuiS und daraus ableitbare Handlungsempfehlungen sollen am Ende in Form eines Praxisleitfadens dem Weinbau, dem Naturschutz und der Politik zur Verfügung gestellt werden.