Ein Gästebeitrag von etwa zwei Euro pro Nacht ist wesentlicher Eckpunkt des neuen Tourismuskonzeptes für den Rheingau. Rüdesheim (hier ein Blick in die sommerliche Drosselgasse) hätte hier die höchsten Einnahmen.
(Archivfoto: dpa)
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RHEINGAU - Bei der Fülle der Konzepte für den Rheingau als Wein-, Kultur-, und Tourismusregion, die in Arbeit, beschlossen oder nur angedacht sind, fällt es schwer, den Überblick zu behalten. Konkret und grundlegend für alle Rheingauer, die vom Tourismus leben, dürfte aber das jetzt vorgestellte Konzept für die Destination Rheingau sein, das vom Hessischen Tourismusverband, der RTKT und der RÜD AG erarbeitet wurde und jetzt in den Kommunen und bei den betroffenen Hoteliers auf dem Tisch liegt. Ob es umgesetzt wird, ist noch offen.
Die beiden wesentlichen Eckpunkte des Konzepts sind die räumliche und organisatorische Neufassung der sogenannten Destination Rheingau, zu der nach dem Konzept künftig die gesamte Weinbauregion, also auch Hochheim und Flörsheim, gehören soll, und die Erhebung eines Tourismusbeitrages seitens der dann neun Rheingau-Kommunen. Beides zusammen soll für eine bessere Wahrnehmung der Region als Tourismusziel und eine entsprechende Finanzierung von Marketing und konkreten Projekten sorgen.
Vorgaben des Landes bislang noch nicht erfüllt
„Allein sind wir viel zu klein, um auf dem Markt wirklich wahrgenommen zu werden“, sagt Rolf Wölfert, der als Vorstand der Rüd AG maßgeblich an der Entwicklung des Konzeptes beteiligt war und vom Resultat „absolut überzeugt“ ist. Von der Realisierung hängt auch ab, ob künftig Tourismus-Zuschüsse des Landes in Höhe von jährlich 125 000 Euro in den Rheingau fließen. Um eine förderfähige Tourismus-Destination zu sein, gibt es nämlich Vorgaben des Landes, die die jetzige Tourismusstruktur im Rheingau nicht erfüllt.
RHEINGAU-KOOPERATION
Das neue Tourismus-Konzept schlägt für die Rheingau-Kooperation folgende Aufgabenverteilung vor: Die nur noch für die Destination Rheingau zuständige Rheingau-Taunus Kultur und Tourismus GmbH (RTKT) würde sich um Qualitätssicherung, Produktentwicklung, Aktivthemen, Vernetzung/Innenmarketing, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Online/Social Media und Verträge für Buchungs- und Informationssysteme kümmern. Die Rüdesheim Tourist AG (Rüd AG) wäre für Gruppenreisen, internationale Marktbearbeitung, Vertrieb und die Anwenderbetreuung der Buchungs- und Informationssysteme zuständig. Die Rheingauer Weinwerbung übernähme den Part der Genussaktivitäten, und die Wiesbaden Marketing GmbH wäre für Tagungen, Events und Ähnliches zuständig.
Der jüngste Monitoringbericht des Hessischen Tourismusverbandes aus dem Sommer 2018 zählt die Defizite auf: Der Regionszuschnitt ist zu klein und zu kleinteilig, das Tourismusbudget zu gering, die Übernachtungszahlen sind zu niedrig und die Aufteilung der Kompetenzen unter den verschiedenen Akteuren RTKT, Rüd AG, Zweckverband und Weinwerbung ist zu verworren.
Mit der Umsetzung des neuen Konzeptes wäre nach Aussage des Hessischen Tourismusverbandes der „Destinations-Status“, also auch die Förderfähigkeit, gegeben. Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg: Unter anderem müssten alle Rheingau-Kommunen sich als Tourismusorte anerkennen lassen (Rüdesheim, Lorch und Geisenheim haben den Status bereits) und in ihren Kommunalparlamenten die Tourismusabgabe beschließen. Die Bedingungen dafür erfüllen laut Wölfert alle außer Flörsheim, wo die Übernachtungszahlen nicht ausreichen; die Kommune müsste dann einen entsprechenden Beitrag aus der Stadtkasse zahlen.
Die Erhebung des Gäste-Beitrags, der um die zwei Euro pro Nacht liegen könnte, soll nach dem Konzept dem Zweckverband Rheingau übertragen werden. Das Geld, so Wölfert, flösse in einen gemeinsamen Topf, aus dem es „nach einem noch festzulegenden Schlüssel“ – je nach Höhe der Übernachtungszahlen – verteilt würde.
Von den erwarteten 1,2 Millionen Euro soll die Hälfte an die dann nur noch für die Destination Rheingau zuständige RTKT gehen, die für das Destinationsmarketing zuständig wäre. Von den verbleibenden 600 000 Euro würden 400 000 Euro in touristische Projekte vor Ort fließen und 200 000 Euro an den Zweckverband für die Erhebung der Beiträge.
„Die Tourismusabgabe“, die von allen touristischen Übernachtungsgästen zu zahlen wäre, hat laut Wölfert „zwei große Vorteile: Nicht die Stadt zahlt, sondern der Gast“, und alle Einnahmen müssen zweckgebunden in die touristische Infrastruktur fließen. Überlegungen, dass die anerkannten Tourismusorte den Gästebeitrag auch individuell erheben und dann selbst investieren könnten, sind aus Wölferts Sicht zu kurz gegriffen: Zum einen müssten die Kommunen dann die Erhebung selbst organisieren und finanzieren, zum anderem sei der entscheidende Punkt, dass der Rheingau als Tourismusdestination nur marktfähig sein werde, wenn sich die Akteure in einer „zentralen Kooperation“ zusammenfinden. Ein Zusammenschluss mit Wiesbaden, den der Hessische Tourismusverband ursprünglich angeregt hatte, ist laut Wölfert nach dem neuen Konzept nicht nötig („Es wäre auch schwer, eine saubere Doppelmarke aus dem Stadtziel Wiesbaden und dem an Wein, Kultur und Landschaft orientierten Rheingau zu machen“). Die bereits praktizierte Zusammenarbeit mit der Landeshauptstadt soll aber noch intensiviert werden.