Türchen 3: Eisstockschießen auf der Platte

Adventszeit 2022

Bis zum 24. Dezember öffnen wir für unsere Leser täglich ein Türchen in unserem Adventskalender der Regionen. Die Geschichten sollen Freude bereiten und Ideen geben.

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Wiesbaden. Im Verein macht Sport am meisten Spaß. Diese Erfahrung haben auch Gernot Wolperding und Manfred Weitz gemacht: Als Kegelbrüder der 1855 gegründeten „Wiesbadener Kegelgesellschaft” konnten sie jedoch während der Pandemie keine Kugel rollen lassen. Also legten die beiden 73 und 79 Jahre alten Tüftler kurzerhand selbst Hand an und ließen auf der bei Wiesbaden gelegenen Platte unweit des Jagdschlosses in 700 Arbeitsstunden für etwa 16.000 Euro eine Outdoor-Kegelbahn entstehen - schließlich ist Wolperding nicht umsonst Bauingenieur im Ruhestand.

In Sommer wird gekegelt, im Winter saust die Daube über die Bahn

In Betrieb wurde sie im Sommer 2021 genommen, doch dann kam der Winter und beendete die Saison. Um die Bahn vor der Witterung zu schützen, wurde sie mit einer Folie abgedeckt. Dabei stellten die Zwei per Zufall fest, dass die Oberfläche so glatt ist, dass sie eine Eisfläche ersetzen könnte. „Und durch Wasser wurde sie sogar noch glatter!”, berichtet Wolperding. Und schon war die Idee geboren: Die Kegelbahn verwandelte sich nach etwas Experimentieren in eine Eisstockbahn!

Im Winter verwandelt sich die Kegelbahn auf der Platte in eine Eisstockbahn  - ausgetüftelt von Gernot Wolperding und Manfred Weitz (von links).
Im Winter verwandelt sich die Outdoor-Kegelbahn auf der Platte in eine Eisstockbahn - ausgetüftelt von Gernot Wolperding und Manfred Weitz (von links). (© Lukas Görlach)

Das Spiel funktioniert ähnlich dem französischen Boule: Eine auf die Bahn möglichst weit geworfene Daube gibt das Ziel vor, an das die Teilnehmer mit ihren Eisstöcken nah rankommen müssen. „Es ist eine Frage des Glücks, das macht das Ganze so spannend und führt zu viel Heiterkeit”, berichtet Wolperding. Damit auch Kinder ab Grundschulalter teilnehmen können, wurde auf leichte Eisstöcke geachtet. Als Sahnehäubchen weist die 14 Meter lange Platte-Eisstockbahn einen Parcours aus nummerierten Blechfahnen auf: Wer mit der Daube dagegen stößt, bekommt Extrapunkte; ebenso, wenn er es durch die kleinen Lücken schafft.

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Eisstockbahnen gibt es zwar mehrere in der Region - in Wiesbaden beispielsweise auf dem Luisenplatz (angegliedert an die Kunststoff-Schlittschuhbahn des Kindersternschnuppenmarktes) sowie bei „Marthas Hütte” auf dem Opelbad-Gelände. Doch mit 496 Metern ist das Exemplar auf der Platte die wahrscheinlich höchst gelegene Eisstockbahn Deutschlands. Und vermutlich auch die idyllischste, denn drumherum bietet sich der Blick auf den Taunuswald. Schließlich ist die Platte nicht umsonst Ausgangspunkt für Wanderungen und Natursport-Aktivitäten im Naherholungsgebiet des Naturparks Rhein-Taunus. 

Nachfrage ist durch die energiesparenden Schlittschuhbahn-Streichungen groß

Bereits im vergangenen Winter stieß die Eisstockbahn auf Gegenliebe. Nachdem in diesem Jahr im Rahmen der Energiesparmaßahnahmen herkömmliche Eisbahnen zum Schlittschuhlaufen in Hessen nicht realisiert werden, fallen auch viele der sonst dazugehörigen Eisstockbahnen weg. „Wir spüren bereits eine gestiegene Nachfrage”, bestätigt Wolperding die Vermutung, dass die Alternativen begehrt sind. „Sie sind sehr ökologisch, weil sie gar keine Energie verbrauchen.” Das Wasser für die rutschstarke Bahnoberfläche wird in Regentonnen gesammelt. Die Bahn selbst weist von sich aus ein leichtes Gefälle auf, durch die die Flüssigkeit sanft abläuft und damit einen frisch gepflanzten Berg-Ahorn bewässert. Für die Beleuchtung sorgt eine Solaranlage, die Scheinwerfer sind mit energiesparenden LED-Lampen ausgestattet.

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Wer nach dem Spiel hungrig wird, muss nicht mit knurrendem Magen ins Tal zurück: Der benachbarte Gasthof „Jagdschloss Platte” bietet derzeit Wildgulasch, Flammkuchen und Bauernente. Bei dem dazugehörigen Kiosk im Hof gibt es Bratwurst und heiße Getränke auf die Hand. In Betrieb sein wird die Eisstockbahn bis März, eventuell auch bis April. Dann wird auf die Sommermonate umgerüstet und gekegelt.