Diesel und Benzin könnten ab September wieder deutlich teurer werden. Was Autofahrer wissen sollten.
FRANKFURT/MÜNCHEN/BERLIN. Am Mittwoch, 31. August, läuft in Deutschland der Tankrabatt nach drei Monaten aus. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern. Durch eine vorübergehende Senkung der Energiesteuer auf das von der EU vorgegebene Mindestmaß sind die Benzin- und Dieselpreise nach den Höchstwerten im Frühjahr deutlich gesunken. Wie geht es mit den Spritpreisen weiter? Manche befürchten nach der massiven Verteuerung von Gas, Strom und Lebensmitteln nun den nächsten Preisschock. Und zusätzlich befeuerte Inflation.
Was passiert ab 1. September? Rechnerisch könnte Sprit um rund 35 Cent und Diesel 17 Cent teurer werden – inklusive des Mehrwertsteuer-Effektes. Mit einem solchen Preissprung rechnet der ADAC aber erst einmal nicht. Denn die 14.500 Stationen, deren Tanks bis 100.000 Liter fassen, können bis zum Stichtag den Treibstoff ja noch zu den gültigen Steuern und Abgaben kaufen – wenn denn geliefert werden kann. Oder sie haben noch Restbestände des „alten“ Sprits. Und verkaufen alles zum alten, niedrigeren Preis? So ließe sich temporär ein Wettbewerbsvorteil erzielen. Die Kunden profitierten. Nach Ansicht des Automobilclubs AvD ist das jedoch unwahrscheinlich. Dort erwartet man unmittelbar zum 1. September einen Preissprung. Obwohl Big Oil aktuell Riesengewinne einfährt. Das stünde dann ganz im Gegensatz zum Start des Rabatts, als man zunächst nichts an der Zapfsäule merkte. Und die Konzerne sich auf das Argument beriefen, noch vielen teuren Sprit im Tank zu haben. Erst im Juli ging es deutlich bergab. Fakt ist aber auch: Im Wesentlichen wurde der Tankrabatt trotz aller Skepsis letztlich an die Verbraucher weitergegeben, so das RWI Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung.
Preisgestaltung der Konzerne ist intransparent
Kann das Bundeskartellamt den Preisauftrieb bremsen? Die Verbraucherzentrale Bundesverband fordert von den Ölmultis ein maßvolles Vorgehen. Starke Preissteigerungen nach Rabatt-Ende seien nicht gerechtfertigt. Das Bundeskartellamt müsse übergebührliche Preiserhöhungen oder kartellwidriges Verhalten „mit hohen Bußgeldern“ ahnden. Nur: Die Preisgestaltung in der Wertschöpfungskette ist völlig intransparent. Zumal in digitalen Zeiten keinerlei Absprachen am Telefon oder auf Autobahnraststätten nötig sind. Oder wie AvD-Sprecher Malte Dringenberg sagt: „Den Konzernen ist nichts zu beweisen.“ Der Interessenverband TIV, der 1000 deutsche Tankstellen-Pächter vertritt, sieht deshalb bald sogar Preise von 2,30 bis 2,60 Euro.
Warum kosten Diesel und Benzin schon jetzt mehr? Nach wochenlanger Talfahrt hat sich die Nachfrage mit Blick auf die anstehende Verteuerung erhöht. Der ADAC meldet im Mittel 1,988 Euro für Diesel, 6,3 Cent mehr als in der Vorwoche. Und 1,734 für Super E10, plus 2,6 Cent. Das sei angesichts der Rohölpreise viel zu hoch. Zudem sind die Preisunterschiede derzeit je nach Anbieter und Region größer denn je. Bei E10 sind es bis zu zehn Cent, bei Diesel sogar bis zu 16 Cent. Um 7 Uhr morgens ist es am teuersten, zwischen 20 und 22 Uhr am günstigsten. Daneben gibt es bundesweit ein signifikantes Nord-Süd-Gefälle: Was auch mit den höheren Transportkosten durch das Rhein-Niedrigwasser und die hohe Belastung bei der Güterbahn zu tun hat.
Private Lagerung von größeren Mengen Sprit ist verboten
Ist es sinnvoll, am letzten Tag zu vollzutanken? Der Wirtschaftsverband Fuels und Energie rät zur Vermeidung von langen Schlangen und Versorgungsengpässen dazu, nicht auf den letzten Drücker bei der Tankstelle vorzurollen. So lasse sich Stress vermeiden. Spätestens an diesem letzten Augustwochenende volltanken und dann gegebenenfalls nachfüllen, das empfiehlt auch Steffen Bock, Geschäftsführer des Verbraucherportals Clever tanken.
Und zudem Sprit in Kanistern bunkern? AvD-Mann Dringenberg rät davon ab. Zumal es verboten ist, größere Mengen privat zu lagern. Wegen Explosionsgefahr dürfen in Kleingaragen nur 20 Liter Benzin aufbewahrt werden. Und das in nicht brennbaren und bruchsicheren Kanistern, so der ACE, Automobilclub der Gewerkschaften. Bei Diesel – weniger entzündlich – sind es bis zu 200 Liter. Aber Achtung: Bakterien aus dem Biodiesel-Anteil zersetzen bei längerer Lagerung den Kohlenstoff, bilden eine Art Schlamm, der das Kraftstoffsystem des Autos verstopft, so der ACE.
Wenn bald wieder die zwei vor dem Komma an den Anzeigetafeln die Regel ist – was kann man tun? Vorausschauende Fahrweise spart immer noch am meisten Sprit. Viel lässt sich durch den Verzicht auf Kurzstrecken einsparen, mit dem richtigen Reifendruck und wenig unnötigen Ballast im Wagen. Um bis zu 20 Prozent kann laut ADAC der Durst des Autos so reduziert werden. Stets sinnvoll ist es, vor dem Tanken die Preise etwa mit Apps zu vergleichen. Und damit den Rest-Wettbewerb zu stützen. Vor allem über freie Tankstellen, die meist ein bis 2 Cent günstiger sind.
Von Achim Preu