Awo-Affäre: Ex-Ministerin soll Vorwürfe untersuchen
Die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) soll dabei helfen, Licht in die Affäre um die Awo-Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden zu bringen.
Von Rainer H. Schlender
Leitung Reporter Rhein-Main/Südhessen
Der Frankfurter Oberbürgermeister Feldmann
(Foto: dpa)
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FRANKFURT - Die frühere Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) soll sich in die Aufklärung der Awo-Affäre einschalten. Das teilte der Bezirksverband Hessen-Süd der Arbeiterwohlfahrt am Freitag mit.
Der Bezirksverband hat eine Task Force (Eingreiftruppe) eingerichtet, um den schweren Vorwürfen nachzugehen, die gegen die Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden erhoben werden. Außerdem soll sie Empfehlungen für mögliche Konsequenzen erarbeiten. Mit der Leitung ist Herta Däubler-Gmelin beauftragt worden. Die Öffentlichkeit werde fortlaufend über die Arbeit der Task Force informiert, hieß es in einer Mitteilung.
Gleichzeitig betonte der Bezirksverband, dessen Gebiet von Gießen bis Heppenheim reicht, dass er nachdrücklich die Arbeit des Awo-Bundesverbandes unterstütze, der die Vorfälle ebenfalls untersucht.
Die Awo-Kreisverbände Frankfurt und Wiesbaden stehen wegen undurchsichtiger Geldflüsse, zweifelhafter personeller Verflechtungen, überhöhter Gehälter, luxuriöser Dienstwagen, Lustreisen und Mobbingvorwürfen unter Druck. Außerdem ermittelt die Frankfurter Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs. Dabei geht es um Unregelmäßigkeiten beim Betrieb zweier Flüchtlingsheime in Frankfurt.
Im Zentrum der Vorwürfe steht die Familie Richter, die über viele Jahre als hauptamtliche Geschäftsführer Verantwortung für die Arbeit der Arbeiterwohlfahrt in Frankfurt und Wiesbaden trug. Die Awo betreibt unter anderem Alten- und Pflegeheime sowie Kindertagesstätten. In Frankfurt hat die Awo rund 1100 Beschäftigte, in Wiesbaden etwa 600.
Kontroll- und Sonderfunktionen im jeweils anderen Kreisverband
Jürgen Richter, der 27 Jahre Geschäftsführer in Frankfurt war, hat sein Amt in dieser Woche niedergelegt, ebenso sein Sohn Gereon, der als Nachfolger seiner Mutter Hannelore die Geschäfte der Wiesbadener Awo führte. Gleichzeitig hatte das Ehepaar Richter über Kreuz Kontroll- und Sonderfunktionen im jeweils anderen Kreisverband inne und über externe Beratungsfirmen der Awo weitere Leistungen in Rechnung gestellt.
Es steht der Verdacht im Raum, dass dieses undurchsichtige Geflecht, in dem noch eine Handvoll anderer Personen eine herausgehobene Rolle spielen, zur gegenseitigen Begünstigung und Selbstbereicherung missbraucht wurde. Pikanterweise zählt zu diesem Kreis auch der frühere SPD-Politiker Ansgar Dittmar, der heute hauptamtlicher Geschäftsführer des Awo-Bezirksverbands Hessen-Süd und gleichzeitig ehrenamtlicher Vorsitzender des Frankfurter Awo-Kreisverbands ist. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, könnte die Arbeiterwohlfahrt in den beiden Kommunen den Status der Gemeinnützigkeit und damit ihre Geschäftsgrundlage verlieren.
Am Montag war bereits der ehrenamtlich tätige Vorstandsvorsitzende des Kreisverbandes Wiesbaden, Wolfgang Stasche, zurückgetreten. Nach seinen Worten gab es „Geschäftsvorfälle, die nur schwer mit den Grundwerten eines Sozialverbandes vereinbar sind“. Stasche bekannte, dass er seine Kontrollfunktion nicht ausreichend wahrgenommen habe, und erklärte: „Die Vorwürfe gegen uns sind größtenteils berechtigt.“
Frankfurts OB bleibt immer noch wolkig
Im Zentrum scharfer Kritik steht auch Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD). An ihn werden bohrende Fragen wegen der Beschäftigung seiner Ehefrau Zübeyde bei der Awo gerichtet, die er allerdings wochenlang einfach zu überhören versuchte. Zübeyde Feldmann hat als Leiterin einer deutsch-türkischen Kita ein ungewöhnlich hohes Gehalt bezogen und einen Dienstwagen gefahren.
Erst am Donnerstagabend bat Feldmann die Frankfurter Stadtverordneten um Entschuldigung für sein Schweigen und bekannte: „Ich hätte früher kommunizieren müssen.“ Das änderte allerdings nichts daran, dass er in der Sache weiterhin recht wolkig blieb. Es stelle sich die Frage, „ob der Frankfurter Oberbürgermeister Teil eines Systems war, in dem sich Funktionäre der Wohlfahrtspflege dreist bedient haben“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Nils Kößler. Die Frage steht immer noch im Raum. Eine Antwort darauf gibt es nicht.