In der Stadthalle referierte Fachärztin Verena Dumler zum Thema „selbst aktiv werden gegen Krebs“. Sie beschrieb dabei Maßnahmen, die im Einklang mit der Schulmedizin stehen.
Von Hildegund Klockner
Leichte sportliche Betätigung, wie etwa Spaziergänge, kann positive Effekte auf den Verlauf der Therapie haben, betont Verena Dumler.
(Archivfoto: dpa)
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FLÖRSHEIM - „Ich habe Krebs. Was kann ich selbst tun?“ lautete der Vortrag in der Stadthalle, zu dem die Selbsthilfekontaktstellen des Main-Taunus-Kreises und des Kreises Groß-Gerau eingeladen hatten. Dr. Verena Dumler, Fachärztin und Gynäkologin am St. Josefhospital in Wiesbaden, referierte vor 40 Betroffenen und Interessierten. Im Anschluss hatten die Zuhörer im Alter 40 plus Gelegenheit, Informationen über Selbsthilfegruppen in der Region zu erhalten. So leisten die Selbsthilfekontaktstellen auch tatkräftige Unterstützung, wenn Betroffene eine eigene Gruppe gründen wollen.
Medizinerin warnt vor Wechselwirkungen
Seit 2013 befindet sich Verena Dumler in „ständiger Fortbildung über die Komplementärmedizin“. Im Gegensatz zu „alternativen“ Therapien, verstehe man unter Komplementärmedizin Maßnahmen im Einklang mit der Schulmedizin. Die Referentin nannte Ernährung, Bewegung, Phytotherapie und Mind-Body-Interventionen wie Yoga, Akupunktur und Entspannungstechniken. „70 Prozent der Bürger haben nach einer Allensbach-Umfrage Naturheilmittel in ihrer Hausapotheke, 40 Prozent der Krebserkrankten kennen Elemente der Komplementärmedizin“, so Dumler. Das müssten die Ärzte berücksichtigen.
Auf Kongressen würden die Mediziner immer wieder „gewarnt“, dass 50 Prozent der Tumorkranken Vitamine, pflanzlicher Präparate oder Nahrungsergänzungsmittel nehmen, aber die Einnahme dem Arzt nicht mitteilen. Dumlers Vermutung: „Sie haben Angst, wir Ärzte nehmen sie nicht ernst.“ Dabei sei es nur verständlich, dass die Patienten ihrer Krankheit nicht ausgeliefert sein wollten, die Erkrankung aktiv beeinflussen wollen. Sie bestätigte: „Im Gegensatz zu einer Klinik bekommen die Tumorkranken bei einem Therapeuten mehr Zeit und emotionalen Halt.“ Doch die Referentin wies an dem Vortragsabend immer wieder darauf hin, dass „auch wenn Pflanze draufsteht, Wechselwirkungen auftreten können“. So helfe Johanniskraut bei Depression, habe aber eine starke Wechselwirkung bei der Anti-Hormontherapie. Stelle sie bei einer Chemo-Therapie erhöhte Leberwerte fest, muss sie nachfragen, ob der Patient pflanzliche Präparate eingenommen hat: „Hochdosierte Monopräparate wie Vitamin A, C oder E können die Tumortherapie negativ beeinflussen. Dabei gibt es keine Studien, die irgendeinen Erfolg belegen.“ Selen darf nach einer Akuttherapie nicht weiter eingenommen werden. Die Einnahme von Enzymen steigere die Blutungsneigung bei einer OP und sollte fünf Tage zuvor abgesetzt werden: „Aber das muss uns der Patient sagen.“ Dumlers „Lieblingsthema“ bei der komplementären Medizin ist aktive Bewegung. „Leichte sportliche Tätigkeit, das kann ein Spaziergang sein, je nach persönlichem Wohlbefinden, durchbricht den Kreislauf von Müdigkeit, Schonhaltung, Abbau von Muskelkraft bis hin zu Isoliertheit und Kontaktlosigkeit zur Außenwelt.“
HAUSMITTEL ZUR LINDERUNG
Verena Dumler empfiehlt Hausmittel, die auch zur Linderung von Beschwerden bei der Tumortherapie eingesetzt werden können.
Bei Durchfall: geriebene Äpfel, bei Unruhe: Lavendelöl, Lavendelkissen, Lavendelfußbad, bei Antriebsschwäche: Rosmarinöl (Einreiben nach der Dusche, mehrmals am Tag anwendbar), Mundschleimhautentzündungen: Honig, Salbei und Kamille zum Mundspülen und als Tee, Übelkeit und Erbrechen: Ingwer in allen Formen, zum Lutschen, im Essen, als Tee, Standardmedizin kann auf jeden Fall in niedrigerer Dosierung genommen werden. (hbk)
Bewegung habe positive Effekte wie Abnahme von Übelkeit, Schlafstörungen, Gelenkschmerzen und Angstzuständen. Die Lebensqualität verbessere sich, ebenso die kognitiven Funktionen: „Das Sterberisiko sinkt um 30 Prozent.“ Daher gebe es zunehmend Selbsthilfegruppen mit Sportangeboten und ein großes Therapieangebot in den Kliniken. Und: „Reha-Sport wird von uns Ärzten verordnet und von den Krankenkassen bezahlt“ Verbesserungen treten sogar auch dann ein, wenn der Patient erst nach der Erkrankung sportlich aktiv werde.