Wo Bücher noch Luxus sind: Verlag Donata Kinzelbach aus Mainz feiert 30-jähriges Bestehen

Seit 30 Jahren führt die Gonsenheimerin den nach ihr benannten Verlag Donata Kinzelbach mit Literatur aus dem Maghreb; hier mit einem Buch aus ihrem aktuellen Verlagsprogramm. Foto: hbz/Judith Wallerius Foto: hbz/Judith Wallerius
MAINZ - Donata Kinzelbach lebt und arbeitet noch immer in dem Haus mit den blauen Fensterläden in Mainz-Gonsenheim, in dem sie vor 30 Jahren ihren Verlag gegründet hat. Das allein wäre nichts Besonderes, hätte sich Donata Kinzelbach nicht ausschließlich der Literatur aus dem Maghreb verschrieben.
Maghreb, so heißt die nordafrikanische Region mit den Ländern Tunesien, Algerien und Marokko. Alle drei verbindet eine gemeinsame Geschichte und Kultur. Die studierte Literaturwissenschaftlerin kam eher zufällig auf die Idee, sich der Literatur aus dem Maghreb zu widmen und einen Verlag zu gründen als sie auf die „Ideale Topographie für eine offenkundige Aggression“ von Rachid Boudjedra stieß. Die Sprachgewalt seines Werkes erinnerte sie an die Werke von Proust und Faulkner.
Bei ihrer Recherche, Internet gab es da noch nicht, fand sie viele Bücher aus dem Maghreb, aber kaum deutsche Übersetzungen. Das reizte die junge Mutter von drei Kindern, und sie beschloss, einen Verlag zu gründen. Literaturwissenschaftler sind Bücherwürmer, aber keine Verleger, und so hatte die junge Donata Kinzelbach keine Ahnung von Rechteerwerb, ISBN, Gelder akquirieren, Übersetzer suchen. „Ich wollte mal ein paar Bücher machen,“ erzählt sie lachend, „und wenn das Geld weg ist, dann ist es halt weg.“
OFFENE TÜR
Sein 30-jähriges Bestehen feiert der Verlag Kinzelbach am Sonntag, 14. Mai, mit einem Tag der offenen Tür. Zwischen 14 und 18 Uhr sind Interessierte dazu eingeladen, in der Stolze-Schrey-Straße 3 in Mainz-Gonsenheim vorbeizukommen.
Bei den beiden ersten Büchern hatte sie den richtigen Riecher. „Die Geschichte meines Lebens“ und „Die Fremde“ wurden Verkaufsschlager. Dadurch ermutigt, wagte sie sich auch an Lyrik und experimentelle Literatur. Es war ihr egal, ob das jemand lesen wollte. Sie trug schließlich die Verantwortung und war ihr eigenes Mädchen für alles. Schlimm fand sie, und findet sie noch, dass Menschen immer noch glauben, dass sie nicht arbeitet. „Ja, das kann so aussehen, denn ich sitze ja nur da und lese.“ Dabei sei das, was sie und ihre Verlagskollegen tun, gesellschaftsrelevant. Sie bewahren das geistige Gut der Menschen in Büchern. Es ist ihr ein persönliches Ärgernis, dass die Wertschätzung des Buches zurückgegangen ist.
Ganz anders im Maghreb. Besonders in Algerien ist das Buch noch ein Luxusgegenstand, für den man viel Geld ausgibt. Das bewundert sie, und die Menschen dort schätzen an ihr, dass sie unermüdlich für den Maghreb wirbt. „Man muss aushalten können, dass man mit wenig Geld lebt. Ohne Humor ist das nicht möglich und nur mit dem Rückhalt von Familie und Partner.“ Deshalb auch mal der Blick zur Seite, wie nach Malta, wo sie Oliver Friggieri für Deutschland entdeckte.
Gern gesehene Rednerin, selbst Buchautorin
2008 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz für ihre Vermittlung zwischen Kulturen und Kulturkreisen. Immer wieder ist sie gern geladene Rednerin über den Maghreb auch für die Medien. Mit „Algerien – ein Land holt auf“ hat sie selbst ein Buch geschrieben. Etwas, das sie eigentlich nie wollte. Nur eines wird sie nie wieder tun: sich um Subventionen bemühen, denn „die bekommen immer die gleichen Verlage“, sagt Kinzelbach. Man findet die umtriebige Verlegerin auf allen großen und kleinen Buchmessen im In- und Ausland. Das sichert den Umsatz und schafft Bekanntheit für die, für die sich kaum jemand interessiert.