Schüler üben ihr Mitbestimmungsrecht

Bei der Juniorwahl an der Integrierten Gesamtschule Obere Aar in Hahn geht es wie bei einer tatsächlichen Wahl zu. Foto: RMB/Wolfgang Kühner
© RMB/Wolfgang Kühner

Die IGS Obere Aar in Hahn führt die sogenannte Juniorwahl durch. Die meisten Jugendlichen haben sich im Vorfeld eigenständig informiert.

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HAHN. „Wie geht das denn? Ich mache das zum ersten Mal“, sagt der 16-jährige Lugman und zeigt seine beiden Stimmzettel vor. Der junge Afghane gehört zu den 329 Schülerinnen und Schülern aus 15 Klassen der Jahrgangsstufen 8 bis 10 der Integrierten Gesamtschule (IGS) Obere Aar in Hahn, die an der sogenannten Juniorwahl teilnehmen. Raum B 212 ist dafür in ein Wahllokal mit drei Wahlkabinen verwandelt worden, in dem originalgetreue Stimmzettel der Landtagswahl sowie der Volksabstimmung über 15 Gesetze zur Änderung der Verfassung des Landes Hessen ausgegeben werden.

„Bei der Verfassungsänderung kannst du einzeln Ja oder Nein ankreuzen oder generell abstimmen. Bei der Erststimme kannst du auf die Parteien schauen. Die Namen müssen dich nicht interessieren“, erklärt die 15-jährige Marie dem anerkannten Asylbewerber aus Afghanistan. Dort ist es üblich, dass die Kandidatinnen und Kandidaten sich ein Symbol wie etwa ein Auto oder einen Fußball wählen, mit dem sie sich sowohl auf den Wahlplakaten als auch den Stimmzetteln präsentieren. „In Deutschland gibt es keine Symbole, nur Parteien. Ich kenne die deutsche Politik nicht. Aber die AfD mag keine Ausländer“, berichtet Lugman, der eine 9. Klasse des Hauptschulzweigs besucht.

Seine Entscheidung, für die er sich in der Wahlkabine viel Zeit lässt, sei mit Erst- und Zweitstimme für eine Partei eindeutig ausgefallen. Die AfD sei es nicht gewesen. Schwerer fällt die Wahl einer Jugendlichen aus der 9. Jahrgangsstufe des Realschulzweigs aus. „Das war schon ein bisschen schwierig. Ich hatte zwei Parteien zur Auswahl“, berichtet die 14-jährige Esma. Am Ende habe sie ihre Stimmen nicht aufgeteilt, sondern beide für dieselbe Partei abgegeben. Bei der Verfassungsänderung habe das in Deutschland geborene Mädchen mit Wurzeln in der Türkei über die 15 Punkte einzeln abgestimmt, weil sie nicht jeden befürwortet.

Nicht bei allen Schülerinnen und Schülern läuft die Wahl so unproblematisch und gewissenhaft ab wie bei diesen beiden. Auf der Suche nach Rat läuft einer der Schüler etwa samt seinen Stimmzetteln aus dem Wahllokal. Eine Schülerin verkündet lautstark, dass sie keine Lust habe zu wählen. Eine andere ist vor allem an dem Kugelschreiber aus der Wahlkabine interessiert. Die überwiegende Mehrheit aber nutzt die Gelegenheit gerne, schon einmal für ihr demokratisches Mitbestimmungsrecht zu üben.

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Auch Arbeit der Wahlhelfer wird vorgestellt

„Es fällt auf, dass sich viele im Vorfeld eigenständig informieren“, berichtet der für die Juniorwahl verantwortliche Lehrer Tim Rohde. Bereits zu Beginn des Schuljahres sind die Wahlberechtigten darauf aufmerksam gemacht und während des Gesellschaftslehreunterrichts auch in der Schule darauf vorbereitet worden. Einen besonderen Einblick in die Abläufe einer Wahl erhalten die Mitglieder einer 10. Klasse des Gymnasialzweigs, die als Wahlhelferinnen und -helfer aktiv sind.

„Man merkt schon, wie viel Arbeit das ist, um das vorzubereiten“, erläutert die 15-jährige Inken. Der aufwendigste Teil, nämlich das Auszählen der abgegebenen Stimmen, steht ihnen noch bevor. Über die Ergebnisse müssen sie allerdings zunächst Stillschweigen bewahren, denn die werden erst nach Schließung der Wahllokale bei der echten Landtagswahl veröffentlicht.