Lesung im Kunsthaus Taunusstein

„Ist das Kunst oder kann das weg?“ Mit dieser provokanten Frage befasste sich unter anderem eine Lesung mit Musik im Kunsthaus Taunusstein.

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NIEDERLIBBACH. „Künstler sind Leute, die etwas tun, wofür sich andere schämen würden.“ Dieses Zitat stammt von Georg Baselitz, wiedergegeben bei einer Lesung mit Musik im Kunsthaus Taunusstein. Dort fand eine Matinee mit dem Rezitator Helge Heynold statt, begleitet von dem Musiker Heinz-Dieter Sauerborn, Altsaxofonist der HR-Bigband.

Künstler warnen vor dem Wort Schönheit

Die provozierende Frage im Titel „Ist das Kunst oder kann das weg?“ wurde natürlich nicht beantwortet, nicht von Baselitz, aber auch nicht von Paul Klee, Piet Mondrian oder George Gross, die alle keine erschöpfende Antwort hatten. Oder andererseits vielleicht doch: „Etwas ist Kunst, wenn ein Künstler behauptet, dass es Kunst ist.“ Heynold hat diesen unschlagbaren Satz bei dem Objektkünstler Marcel Duchamp gefunden, Wegbereiter des Dadaismus. Duchamp erklärte vor 100 Jahren ein Gebilde aus Eisen und Holz zu einem Kunstwerk und bedeutete seinem Gegenüber: „Wenn Sie das machen, ist es erstens albern und zweitens interessiert das keinen.“

Sammelsurium an Musikinstrumenten

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Was unterscheidet den Künstler vom Rest der Welt? Ist er einer, der sich mit seinen spezifischen Mitteln aus der Affäre ziehen kann und damit manchmal glücklicher ist als der Unschöpferische? Heynold zitiert Gayson Perry, Keramiker aus England, der seine Arbeiten handwerklich herausragend dekorierte und mit verstörenden Themen kombinierte. Dieser warnte wie Duchamp vor dem Wort Schönheit: „Ein Werk nach seinem ästhetischen Wert zu beurteilen, hieße, einer verstaubten, diskreditierten Hierarchie Glauben zu schenken.“ Gemälde, die bei Christie’s Millionen erzielen: „Was ist, wenn die Hysterie des Publikums wieder abflaut?“

Mit einem ganzen Sammelsurium an Musikinstrumenten trat Heinz-Dieter Sauerborn an, mit Alt-, Tenor- und Sopransaxofon und einer Flöte. Diesen Instrumenten und zusammengeknülltem Zeitungspapier unter seinen Schuhen entlockte er manchmal schräge und oft genug kuriose Töne. So zu einem Text von Henry Miller, der als Schriftsteller bekannt war, aber auch malte. Miller konnte offenbar „keine Tierbilder“ – malte aber ein Pferd, das er zum genialen Werk erklärte. Passend dazu ließ Sauerborn sein Instrument wiehern oder mit den Hufen scharren.

Zuletzt agierten der Schauspieler und der Musiker nicht nacheinander, sondern im Duett. Nach einem Text von Robert Gernhardt ging das so: „Kunst ist was?“ Jazzige und soulige Töne von Sauerborn: „Das“.