Vorfall in Taunusstein: Kettenbrief erschwert Polizeiarbeit
Nachdem in Taunusstein ein Mädchen von Fremden mit Süßigkeiten gelockt worden sein soll, gab es schnell Falschnachrichten. Die Polizei richtet sich mit einer Bitte an die Eltern.
Taunusstein. Erneut hat ein Fall eines jungen Mädchens, das Anfang dieser Woche von zwei unbekannten Männern in Taunusstein-Hahn angesprochen worden sein soll, für große Verunsicherung gesorgt. Auch wenn glücklicherweise nichts passiert ist, hat sich die Nachricht über den Vorfall in wenigen Stunden als Kettenbrief über Social-Media-Kanäle und Messenger-Dienste verbreitet.
Die Männer sollen – laut Angaben des Mädchens – versucht haben, die Schülerin der Grundschule Obere Aar im Bereich der Schillerstraße mit Süßigkeiten zu locken. Nachdem sie sich vorbildlich verhielt und sofort von den Erwachsenen entfernte, sollen die Unbekannten den Tatort zu Fuß und mit einem weißen Kombi verlassen haben. Der Fall wurde umgehend bei der Polizei gemeldet, die Ermittlungen hat die Wiesbadener Kriminalpolizei aufgenommen. Die direkte Fahndung der Verdächtigen blieb erfolglos.
Polizei richtet sich wegen Kettenbrief an Eltern und Anwohner
Ein öffentlicher Zeugenaufruf zum Geschehen lässt allerdings bislang auf sich warten. Stattdessen richtete sich das Polizeipräsidium Westhessen über ein Posting auf Facebook an Eltern und Anwohner mit einer deutlichen Bitte, zukünftig „keine Informationen ungeprüft und ungefiltert über die sozialen Netzwerke weiterzugeben“. Noch schlimmer sei, dass die digitalen Kettenbriefe mit falschen Inhalten zur möglichen Tat bestückt sind.
Wie ein Polizeisprecher Florian Hähnlein auf Anfrage erklärt, gehe man aktuell erst einmal den vorliegenden Hinweisen nach. Da es sich beim Ansprechen von Kindern durch fremde Erwachsene um ein sehr sensibles Thema handele, sei man auf unvoreingenommene Zeugenaussagen angewiesen. Eigene „Fahndungsaufrufe“ oder Gerüchte quer durch das Internet seien zwar „gut gemeint“, erschwerten aber nicht nur die Arbeit der Polizei, sie sorgten im selben Zug für unnötige Panikmache unter Eltern und Kindern. Gerade in Zeiten eines unbegrenzten Informationsaustausches entwickle sich durch unkluges Handeln im Netz in kürzester Zeit eine unkontrollierbare Dynamik.
Die Polizei Westhessen auf Facebook
Bereits in der Vergangenheit zeigte sich wiederholt, dass eindringliches „nachhaken“ durch Elternteile erheblichen Einfluss auf die Erinnerung der Kinder nehmen kann. Eine harmlose, aber unkluge Geste eines Erwachsenen wird durch besorgtes Nachfragen schnell als eine bedrohliche Situation wahrgenommen. Polizeibeamte seien deshalb für eine Befragung mit Kindern besonders geschult, sagt Hähnlein. Im Fall des Hahner Mädchens hat die Polizei sofort Kontakt zur Schule aufgenommen, die in enger Abstimmung einen Elternbrief zur Sensibilisierung versendet hat. Darin bitten sie um genügend Zeit, um den Sachverhalt lückenlos aufklären zu können.
Tipps für Eltern im Notfall
Das Polizeipräsidium Westhessen rät, zu Hause in regelmäßigen Abständen kindgerecht über mögliche Gefahren zu sprechen. Dabei soll keine Angst erzeugt werden. Hilfreich ist, einen festen Weg zur Schule festzulegen oder Laufgruppen zu nutzen. Wichtig ist, dass Kinder nicht mit jedem sprechen müssen. Fühlt man sich unwohl, sind Wegrennen oder bereits das Wechseln der Straßenseite gute Alternativen. Sollte ein Kind davon erzählen, dass es von einer fremden Person angesprochen wurde, sind ein sachlicher Ton und offene Fragen über den Vorfall wichtig. Lassen Sie das Kind frei erzählen und vermeiden Sie es, Details einfließen zu lassen.