In Bleidenstadt verleiht Karin Kolb dem Dirndl mit alten...

Die Dirndl-Designerin mit zwei ihrer in Arbeit befindlichen Dirndl: Karin Kolb trägt zu ihrem Baumwolldirndl eine Schürze aus portugiesischer Spitze, verziert mit einem Blütenband. Foto: RMB/Wolfgang Kühner  Foto: RMB/Wolfgang Kühner

Am heutigen Samstag wird das neue Dirndl von Karin Kolb seine Premiere haben. Auf dem Oktoberfest in München! Denn die Kundin aus der bayerischen Landeshauptstadt hat sich ihr...

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BLEIDENSTADT. Am heutigen Samstag wird das neue Dirndl von Karin Kolb seine Premiere haben. Auf dem Oktoberfest in München! Denn die Kundin aus der bayerischen Landeshauptstadt hat sich ihr neues Festtagsgewand bei Karin Kolb in Bleidenstadt anfertigen lassen. „In München hat sie nichts gefunden“, sagt die gelernte Modedesignerin aus Düsseldorf, die jahrelange Erfahrung bei führenden österreichischen und deutschen Trachtenherstellern vorweisen kann und nach dem Umzug nach Taunusstein und einer „Familienpause“ im Dachgeschoss ihres Hauses ein Dirndl-Atelier eingerichtet hat.

Für Karin Kolb ist das „Weiblichkeit pur“

Alltagsdirndl, Festtagsdirndl, Hochzeitsdirndl? Mit Froschgoschl, Pfeilreppenrüsche oder Muschelrüsche? „Das alles geht nur von Hand“, sagt die 48-Jährige, die ausschließlich Unikate fertigt. Alte, schon längst vergessene Verarbeitungstechniken leben mit neuen Stoffen wieder auf, hochwertige Verarbeitung und edle Stoffe aus Österreich und Deutschland – das ist ihr Markenzeichen.

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Ein Dirndl ist für Karin Kolb „Weiblichkeit pur“. Jede Frau könne ein Dirndl tragen, ist sie überzeugt, „das kann immer angezogen werden“. Wenn ein Dirndl nicht nur als Verkleidung für ein Oktoberfest verstanden wird. Ein Dirndl sei zeitlos, gute Dirndl würden weitervererbt, erlebt sie immer wieder. Kein Wunder: „Jedes Mädchen will ein Kleid anziehen.“

Doch bevor man in ein Dirndl von Karin Kolb schlüpfen kann, gilt es einiges an Vorarbeit zu erledigen. Zwar hat die Designerin immer ein paar Modelle in Größe 38 auf Vorrat, doch wer Zeit, genaue Vorstellungen und die Liebe zum Detail hat, mit dem sucht Kolb in aller Ruhe in Vorgesprächen die passenden Stoffe, die dazu passenden Verzierungen und liebevollen Details aus. Ein Froschgoschl ist übrigens ein in Falten gelegtes Stoffband, das von Hand genäht wird und als Verzierung am Dekolleté angebracht wird. „Das geht auch nur von Hand“, so Kolb, ist einer der Gründe, warum sie für ein Dirndl mindestens 30 Stunden Arbeit einplant. Normalerweise muss man auf ein Kolb-Dirndl drei Monate warten.

Kundin aus München für Oktoberfest beliefert

Jedoch nicht die Kundin aus München, die Kolb im Internet gefunden hat und mit ihren Kindern an einem Tag nach Bleidenstadt zur Besprechung und zum Anmessen kam. Ihr Dirndl ist fast fertig, es fehlt nur noch das Futter für das Mieder. Die einzelnen Teile hat Kolb schon zugeschnitten, sie müssen noch vernäht werden. Bis zum Abend muss das Dirndl fertig sein und in die Post.

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2013, als ihr Sohn „aus dem Gröbsten raus war“, hat Karin Kolb ihr erstes Dirndl für eine Freundin in Österreich geschneidert. Das war der Beginn ihres Ateliers, weitere Aufträge brachte sie mit aus Tirol. Aus Deutschland und Österreich kommen ihre Kundinnen. Das Hochzeits- oder Festtagsdirndl ist zumeist aus Seidenstoffen, das Alltagsdirndl aus Baumwolle, das Mieder aus Leinen. Für festliche Gelegenheiten empfiehlt Kolb eine Seidenschürze, für den Alltag eine Schürze aus Baumwolle. Schon habe man zwei Outfits, „Dirndl wechsel dich“ sozusagen. Wer will, kann auch eine Spitzenschürze haben, Karin Kolb trägt heute eine Schürze aus portugiesischer Spitze. Sie bietet auch Dirndl aus Taftstoffen an. Die haben den Vorteil, dass sie in der Waschmaschine gewaschen werden können. Ideal besonders für Frauen in der Gastronomie.

Wichtig ist Kolb, dass sie nur Unikate anbietet. Da lässt sie nicht mit sich diskutieren. Ihre Dirndl stünden für Unbekümmertheit, für Handarbeit, Natürlichkeit, Liebe zum Detail, schöne Stoffe, Lebensfreude. Zur Zeit seien Altrosa, Grau und Blau die Trendfarben, klassisch ist das Dirndl bis zur halben Wade lang oder aber knöchellang. Ein schönes absolut passendes Dirndl müsse etwas höher als die Taille ansetzen. Das Schürzenband soll dann die Naht verdecken. Apropos Schürzenband. Karin Kolb liebt es, die Schürzen vorne mit Blumenbändern zu verzieren. Viel Handarbeit also, wie auch beim Stifteln der Taille von Hand. Da gehen bei einem Hochzeitsdirndl schon mal fünf Meter Seide für den Rock drauf. Doch laut einer alten Sage steht jedes Stiftl für eine Glücksträne der Braut.

Von Mathias Gubo