Rüdesheim prüft Klage gegen die Bahn

Wurde die Bahnlinie, so wie sie heute betrieben wird, je genehmigt? Dieser Frage geht die Stadt Rüdesheim nach. Archivfoto: Heinz Margielsky

Ob die rechtsrheinische Bahnlinie, so wie sie heute betrieben wird, je genehmigt wurde, soll in Rüdesheim untersucht werden.

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RÜDESHEIM. Die Haltung der Rüdesheimer ist allseits bekannt: Als Ersatz für den Bahnübergang über die B 42 am Bahnhof kommt für sie nur eine Unterführung in Frage. Eine Unterführung ist allerdings auch mehr als doppelt so teuer wie eine Brücke über die Bahnlinie. Knapp 100 Millionen Euro werde sie nach groben Schätzungen kosten, teilte Hessen Mobil, wie berichtet, unlängst mit. Eine Überführung wäre für rund 45 Millionen Euro zu haben und wäre auch schneller zu bauen. Fünf Jahre Bauzeit veranschlagt Hessen Mobil dafür, acht Jahre sind es bei einer Unterführung.

Dass die Überführung die günstigste und schnellste Variante ist, überrascht den WIR-Fraktionsvorsitzenden Michael Barth nicht. Sie sei aber nicht die beste Lösung. Die beste Lösung sei eine Entlastungsstrecke. Weil diese aber sicher noch viele Jahre auf sich warten lasse, müsse schon heute etwas getan werden, und zwar möglichst etwas, das später bleiben könne. In Frage komme deshalb nur der unterirdische Kreisel.

Nutzen-Kosten-Verhältnis muss bei Wert von 1 liegen

Barth macht sich jedoch keine Illusionen darüber, was der Bund sagen wird. „Wir brauchen die 1“, hebt er auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) ab. Der geplante Bahntunnel, der den Bund rund 100 Millionen Euro gekostet hätte, habe nur einen Wert von 0,2 erreicht. Abzüglich der Kosten, die die Bahn tragen muss, wird eine Unterführung den Bund wahrscheinlich noch um die 75 Millionen Euro kosten. In die Nähe eines Werts von 1 komme der Bund nur bei einer Überführung.

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Um diese zu verhindern, stellte die WIR den Antrag, nochmals Nachforschungen über den Bau der Bahnstrecke vor mehr als 160 Jahren anzustellen. Es geht darum, ob die Bahnlinie überhaupt rechtskonform ist. „Ist sie es nicht, wird dies nicht dazu führen, dass sie wegkommt. Die Stadt hätte aber eine stärkere Verhandlungsposition“, so Barth. Einstimmig beauftragte der Planungs- und Umweltausschuss den Bürgermeister, sich mit seinem Kollegen aus St. Goar-Oberwesel kurzzuschließen. Die Verbandsgemeinde hatte rechtlich prüfen lassen, ob die linksrheinische Eisenbahnstrecke Koblenz-Mainz Bestandsschutz genießt. Der beauftragte Rechtsanwalt sieht diesen nicht. Selbst wenn es eine erforderliche Genehmigung für den Bau der Eisenbahnstrecke gegeben habe – ein Schriftstück gebe es nicht mehr –, würde der Bestandsschutz nur Bau und Betrieb im damals genehmigten Umfang umfassen, lässt er seine Auftraggeber wissen. Erlaubt seien dann einzig Schienenfahrzeuge mit Dampfantrieb. Die Verbandsgemeinde will die Bahn nun verklagen.

Dass auch die rechtsrheinische Bahnlinie, so wie sie heute betrieben wird, nie genehmigt wurde, hat vor Jahren schon der Anwalt der Stadt Rüdesheim im Planfeststellungsverfahren zur Unterführung in Assmannshausen angemerkt. Er nannte sie einen „Schwarzbau“. Eisenbahnrechtlich genehmigt worden sei die 1856 in Betrieb gegangene Bahnstrecke nur für 14 Züge.

Sollte sich dies nachweisen lassen, könnte die Bahn erhebliche Probleme bekommen, so Barth. Die Strecke müsse dann neu planfestgestellt werden. Für die Bahn würde dies ganz andere Auflagen bedeuten. Einen Schienenbonus zum Beispiel gebe es dann nicht mehr, so Barth, der außerdem hofft, dass die Schienen vor der Rheinstraße wieder abgesenkt werden müssen. Im Laufe der Jahre seien sie durch das Auffüllen mit Schotter 30 Zentimeter zu hoch geworden.

In den Archiven soll nun nach Unterlagen gesucht und gegebenenfalls geklagt werden. Das könne die Stadt nicht, weil sie kein Eigentum an der Strecke habe. Sie könne aber für eine Sammelklage von fünf oder sechs Anliegern die Kosten übernehmen. Am wirkungsvollsten jedoch sei es, wenn von Bingen/Rüdesheim bis Koblenz alle Kommunen auf beiden Rheinseiten die Bahn verklagen würden, meint Barth.