Spinnräder kennen viele wohl nur aus Märchen wie Rumpelstilzchen. In Oberjosbach wurde zwar kein Stroh zu Gold gesponnen, aber die Hobby-Spinnerin Rebecca Henkel bot...
OBERJOSBACH. Spinnräder kennen viele wohl nur aus Märchen wie Rumpelstilzchen. In Oberjosbach wurde zwar kein Stroh zu Gold gesponnen, aber die Hobby-Spinnerin Rebecca Henkel bot Interessierten einen Nachmittag, an dem sie das Spinnen kennenlernen konnten. „Ich hatte schon immer Freude an der Handarbeit. Man hat so viele Gestaltungsmöglichkeiten. Es ist wahnsinnig kreativ“, freut sich Rebecca Henkel, die sich vor zweieinhalb Jahren ein eigenes Spinnrad zugelegt hat und seitdem ihre eigene Wolle zu Garn spinnt.
Vlies verströmt einen leichten Schafgeruch
Sie hat viel Anschauungsmaterial mitgebracht: Verschiedene Garne, die sie selbst gesponnen hat, Wolle von unterschiedlichen Schafrassen, Socken und Tücher, die sie selbst gefertigt hat und ein noch fast gänzlich unbearbeitetes Vlies. Wenn man es anfasst, spürt man, dass es noch leicht fettig ist und dass sich noch Reste vom Heu und Stroh aus dem Stall darin verfangen haben. Das Vlies verströmt auch noch einen leichten Schaf-Geruch. „Es ist einfach auch toll, ein Kleidungsstück zu tragen, das man selbst gemacht hat – von Anfang bis Ende. Das muss nicht immer kratzig sein, es gibt ganz verschiedene Arten von Garn, es kann weich oder robuster sein, man kann es einfärben. Man ist also nicht an die Naturfarben gebunden“, betont Rebecca Henkel.
Selbst geschoren hat sie zwar noch nicht, lässt sich aber oft ein noch fast unbehandeltes Schafvlies schicken. Einige verspinnen so etwas dann direkt, „aus der Flocke“, wie es in der Fachsprache heißt. Henkel wäscht es jedoch vorher mit heißem Wasser, dann wird es getrocknet und schließlich kardiert. Dieser Ausdruck beschreibt einen Arbeitsschritt, der die Wolle weicher und lockerer macht.
Das kann mit sogenannten Handkarden oder Trommelkarden gemacht werden, Ersteres ist aber sehr zeitaufwendig. Oft schickt Rebecca Henkel ihre Wolle deshalb zu Kardierfirmen. Sie erklärt, dass die Klamotten im Laden meist aus dem Fell der Merino-Schafe gefertigt sind, die Wolle von heimischen Schaf-Rassen wird oft weggeschmissen oder als Dämmmaterial verwendet.
Das findet Henkel schade, denn sie sieht großes Potenzial auch in der Wolle vom Taunusschaf oder dem Tiroler Steinschaf. „Ich habe immer schon viel gestrickt, aber dadurch, dass ich jetzt auch meine eigene Wolle nutzen kann, ist eine ganz neue Motivation und Freude dahinter.“
Und dann sind da natürlich die Spinnräder – der Grund, warum die Teilnehmerinnen überhaupt da sind. Nach einer Einführung am Anschauungsmaterial zeigt Rebecca Henkel am Spinnrad, wie es geht. Mit einem Pedal treibt sie das Schwungrad an, langsam und gleichmäßig wird getreten, damit alle folgen können.
Die zu spinnende Wolle wird an einem Faden befestigt. Durch die Bewegung des großen Schwungrades wird auch die Spule gedreht und die Wolle dreht sich nach und nach mit. Mit der einen Hand wird die Wolle vorsichtig auseinandergezogen, die andere Hand führt die Wolle Richtung Einzugsloch und reguliert, mit wie viel Drall, also wie schnell, die Wolle hineinläuft. Das fertige Garn wickelt sich dann nach und nach um die Spule.
„Am besten ist es beim Spinnen, keine Hektik aufkommen zu lassen“, mahnt Henkel ihre Lehrlinge. „Es ist wichtig, es am Anfang ganz langsam und bedächtig zu machen.“ Dann dürfen die Teilnehmerinnen endlich selbst an die Spinnräder. Erst mal wird das Treten geübt, damit sie ein Gefühl für die Geschwindigkeit und die Gleichmäßigkeit bekommen. Danach dürfen sie es mit der Wolle versuchen. Rebecca Henkel hilft jedem geduldig. Am Anfang ist es etwas holprig, doch nach und nach findet jeder einen Rhythmus.
Weitere Workshops sind geplant, denn die Nachfrage war groß. Weil Rebecca Henkel nur drei Spinnräder hat, ist die Teilnehmerzahl begrenzt. Das hat aber auch Vorteile, so kann sie sich Zeit für jeden nehmen.