Autalhalle: Flüchtlingsunterkunft bald voll
Die Kapazität der Autalhalle Niedernhausen ist wohl ab Montag erschöpft. Was der Kreis jetzt plant und wie die Vereine mit der Situation umgehen, die sonst in der Halle trainieren.
Niedernhausen/Rheingau-Taunus. Hoch hinaus geht es derzeit nur in Breckenheim. Zumindest für die Sportler des Vereins „Trampolinturnen Niedernhausen“. Die mussten nämlich im Oktober in die Sporthalle des TV Breckenheim umziehen, da die Heimat der Trampolinturner, die Autalhalle, vom Rheingau-Taunus-Kreis zur Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert wurde. Also habe man mit kräftiger Hilfe der Eltern die schweren Turngeräte in Lkw verladen und sie 13 Kilometer weiter in den Wiesbadener Vorort gebracht, damit weiter gehüpft werden kann. Das sei „eine teure Aktion“ gewesen, sagt Vivian Bennauer, 1. Vorsitzende des Vereins. Aber: „Das Schöne ist, dass wir alle Trampoline mitnehmen konnten.“ Dass der etwa 80 Mitglieder starke Verein dort unterkommen konnte, ist kein purer Zufall. 2015, während der Flüchtlingskrise, waren die Breckenheimer nämlich in der Autalhalle zu Gast, weil ihre Halle belegt war. Ein Geben und Nehmen also, sieben Jahre später. Eine glückliche Fügung in der Not. „Unsere Trainingszeiten haben sich verändert, wir müssen unser Leben neu organisieren, Wettkämpfe können nur eingeschränkt stattfinden“, erzählt Bennauer.
Tischtennis-Heimspiele in Wildsachsen und Heftrich
In Sachen Wettkampf ist auch die TG Oberjosbach (TGO) kreativ geworden. „Wir vagabundieren durch die Gegend“, formuliert Stefan Hauf, Abteilungsleiter Tischtennis, salopp, wie die neue Realität seit wenigen Monaten aussieht. Es gibt Teams, die treten zu Heimspielen in Wildsachsen an, andere in Heftrich. Die Ausrichtung des Bezirkspokals musste die TGO zurückgeben. Die erwarteten Zuschauer hätten nur in der Autalhalle Platz gefunden, die anderen Hallen haben keine Tribünen. 1.000 Euro gehen der TGO durch die Lappen, „viel Geld für unseren Verein“, wie Hauf sagt.
Den Kreis um Unterstützung gebeten
Deshalb hat er jetzt den Kreis um finanzielle Unterstützung gebeten. In der kleinen Halle in Oberjosbach hält Hauf nun die Tischtennis-AG für Grundschüler ab. Dort findet eine Platte Platz, geplant waren für die AG sechs Platten in einem Drittel der Autalhalle. „Es sind enorme Auswirkungen für uns“, sagt Hauf, der aber betont, dass die Unterbringung der Flüchtlinge Priorität habe. Er stimmt auch der Aussage von Bürgermeister Joachim Reimann (CDU) zu: „Es war von zwei nicht-guten Lösungen die bessere, die Flüchtlinge in der Autalhalle statt in der Schulturnhalle der Theißtalschule unterzubringen.“ Dies hatte der Kreis zunächst vorgehabt. Das ziemlich plötzlich geäußerte Vorhaben stieß in der Gemeinde aber auf breiten Protest, sodass es dann doch die Autalhalle wurde. Nicht nur den Trampolinspringern und den Tischtennisspielern fehlt ihre Heimstatt, auch Ausstellungen und Konzerte können dort nicht stattfinden.
Bürgermeister hofft auf Entlastung
Es war von zwei nicht-guten Lösungen die bessere, die Flüchtlinge in der Autalhalle statt in der Schulturnhalle der Theißtalschule unterzubringen.
„Es ist schon eine extreme Belastung für die Gemeinde“, bekennt Reimann, der hofft, dass die neue, vom Kreis geplante Unterkunft auf dem untersten Parkplatz des leer stehenden Rhein-Main-Theaters bald die Autalhalle ablösen könnte. Als Realpolitiker weiß aber auch er, was passieren könnte, wenn die Flüchtlingszahlen weiter steigen. Und dass es derzeit immer mehr Menschen werden, die in Deutschland Zuflucht suchen, ist Fakt.
Für das erste Quartal will das Land Hessen dem Kreis 43 Flüchtlinge wöchentlich zuteilen, und so werden es auch am Montag 43 Personen sein, die ankommen und in Niedernhausen untergebracht werden. „Damit ist die Autalhalle voll“, sagt Kreissprecherin Maritta Borhauer auf Anfrage. 112 Menschen „wohnen“ dort derzeit. Bekannt ist, dass die Schulsporthalle in Aarbergen-Michalbach die nächste wäre, die der Kreis als Unterkunft auswählen würde. „Das ist die letzte Option“, sagt Borhauer, „das wollen wir eigentlich nicht.“ Vorher gebe es noch die Option „ehemaliges Schwesternwohnheim Bad Schwalbach“. Dort, neben dem Kreisaltenzentrum, stehen 75 Plätze bereit.
Dringend Wohnraum gesucht
Zudem suche der Kreis dringend weiteren Wohnraum für geflüchtete Menschen, wie Landrat Frank Kilian (parteilos) am Freitag mitteilte. „Seit Beginn des Kriegsgeschehens in der Ukraine haben wir im Rheingau-Taunus-Kreis 3134 Menschen aufgenommen.“
Nun suche man private Wohnungen und Häuser, die sofort angemietet werden können, sowie bereits erschlossene Baugrundstücke, auf denen kurzfristig Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden können. Wer dem Kreis Immobilien oder Grund zur Verfügung stellen kann, wird gebeten, eine E-Mail an wohnraum_fuer_gefluechtete@rheingau-taunus.de zu schreiben.