Bei den fünften Open Airs haben 800 Gäste auf dem Dorfplatz Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“ verfolgt. Inszeniert wurde das Stück von der Opera Classica Europa.
ESPENSCHIED. Mitten durch den Dorfplatz von Espenschied verläuft sie, die düstere Wolfsschlucht, in der schwarze Magie wirken kann. Hätten die Gäste des fünften Opern Airs dies gewusst, vielleicht hätten sie sich nicht so heiter und unbeschwert auf den 800 Stühlen niedergelassen, die Mitglieder von Gesangverein, Sportverein, Freiwilliger Feuerwehr sowie Heimat- und Kulturverein aufgestellt hatten. Denn in diesem Jahr inszeniert die Opera Classica Europa hier unter freiem Himmel Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“.
Nebenbuhler lockt Jäger in die Wolfsschlucht
Intendant Michael Vaccaro ist eine hervorragende Besetzung gelungen für die Geschichte um die diabolischen Machenschaften, mit denen sich Jäger Max die Treffsicherheit zurückholen möchte, die er wegen eines alten Brauchs benötigt, um seine Agathe heiraten zu können. Glaubhaft ringt Tenor Rolf Sostmann mit Verzweiflung und Unsicherheit, die er mit heller und geschmeidiger Stimme beschreibt. Dämonisch wirkt dagegen der für diese Aufgabe passend geschminkte Bass Oystein Skre in der Rolle des Nebenbuhlers Kaspar: Unwiderstehlich lockt er Max mit warmer, sonorer Stimme in die Wolfsschlucht, um die schwarzmagischen Freikugeln zu gießen, mit denen jeder Schuss ein Treffer ist.
Filmreif begleitet wird dieser Ritus durch das pulsierend glühende Spiel des Orchesters des rumänischen Nationaltheaters Constanta unter der Leitung von Sibylle Wagner, die den Abend über routiniert alle Fäden in den Händen hält und der Inszenierung einen stimmigen Gesamtklang verleiht. Eine gute Besetzung ist auch Miriam Kurrle, die der Braut Agathe eine strahlende Präsenz verleiht – ob nun darstellerisch-huldvoll oder mit ihrem kraftvoll-klaren Sopran.
Die größte Spielfreude von allen versprüht an diesem Abend jedoch die quirlige Diana Tomsche in der Rolle von Agathes Cousine Ännchen, die genauso kokett über die Bühne wirbelt, wie sie mit ihrem elastischen Sopran die sich überschlagenden Koloraturen meistert. Bariton Shea Lueninghoener wiederum verleiht Fürst Ottokar die nötige Strenge und auch Bass Gregor Loebel füllt die Rolle des Eremiten gut aus, dessen Weisheit dafür verantwortlich ist, dass am Ende alles gut ausgeht.
William Wilson wiederum verleiht Agathes Vater in einer für einen Bariton beeindruckend satten Basslage eine gelungene Mischung aus Autorität und Fürsorge. Darüber hinaus glänzt er in seinen Sprechpartien mit einem nahezu akzentfreien Deutsch, das unter anderem seiner langjährigen Arbeit am Hessischen Staatstheater Wiesbaden geschuldet ist. Inzwischen aber kommt er seit mehr als zehn Jahren jeden Sommer mit einer Gruppe Studenten der University of Northern Colorado aus den USA angereist, damit diese bei Inszenierungen der Opera Classica Europa Bühnenerfahrung sammeln können.
In dieser Produktion bilden sie gemeinsam mit Mitgliedern des Opernchors des Nationaltheaters Constanta sowie der Academy of Stage Arts einen stimmgewaltigen Chor, bei dem vor allem die Frauenpartien von großer Homogenität geprägt sind. Nicht umsonst können vier der amerikanischen Studentinnen mit kleinen Solos als Brautjungfern überzeugen. Zu guter Letzt erweist sich an einem lauschigen Sommerabend auch der Dorfplatz wieder als eine gute Wahl, auf dem die Kastanie den Wald des Bühnenbilds ergänzt und die Schwalben eine unversehrte Alternative zu dem Steinadler darstellen, der in der Oper Federn lassen muss.