Weidetierhalter wegen Wolfsrudel besorgt

Das im Rheingau heimische Wolfsrudel sorgt bei Weidetierhaltern für ungute Gefühle – zu einem Riss kam es jedoch noch nicht.              Symbolfoto: dpa

Noch hat das im Rheingau ansässige Wolfsrudel kein Nutztier gerissen. Was Tierhalter tun können, damit das so bleibt und welche Fördermöglichkeiten es gibt.

Anzeige

RHEINGAU-TAUNUS. Bis vor Kurzem war die Wolfsfamilie, die im Hinterlandswald zwischen Rüdesheim und Oestrich-Winkel zu Hause ist, das einzige Wolfsrudel in ganz Hessen. Aus den drei Welpen, die der Rüde GW1958m und die Wölfin GW1798f im vergangenen Sommer zur Welt gebracht haben, sind inzwischen Jährlinge geworden, die sich möglicherweise schon auf die Suche nach einem neuen, eigenen Revier gemacht haben. Ob das Elternpaar auch in diesem Jahr Nachwuchs hat, dazu gibt es bisher keine Erkenntnisse.

Dabei tappen die Wölfe regelmäßig in Fotofallen, hinterlassen Losung und Haare und werden von Jägern und fest installierten Kameras gefilmt. Insgesamt gibt es auf der Homepage des hessischen Wolfszentrums bereits mehr als 350 Hinweise auf das Rheingauer Rudel, die meisten stammen aus Oestrich-Winkel. Ein Weidetier ist durch die Tiere bisher nicht zu Schaden gekommen. Einen bestätigten Riss gibt es nicht. Möglicherweise ist das auch der hohen Wilddichte im Hinterlandswald zu verdanken, die den Wölfen reichlich Nahrung bietet.

Anzeige

Wo es Wölfe gibt, bedeutet dies nicht automatisch, dass Nutztiere gerissen werden. Mehr als die Hälfte der in Deutschland vorkommenden Rudel sei unauffällig, weiß die hessische Wolfsbeauftragte Susanne Jokisch. Dennoch: Unter Weidetierhaltern im Kreis ist die Rückkehr des Wolfes schon lange ein großes Thema. Vor allem die Halter von Schafen und Ziegen, aber auch die von Rindern und Pferden sind in Sorge, ob ihre Tiere auf der Weide noch sicher sind.

Der Schutz von Nutztieren wird deshalb immer wichtiger – und zwar, bevor es zu einem Riss kommt. Denn der Wolf soll gar nicht erst lernen, dass Weidetiere leichte Beute sind.

Nur zwei Möglichkeiten der Abschreckung

Doch wie kann man einen hungrigen Wolf wirkungsvoll abschrecken? Dafür gibt es im Prinzip nur zwei Möglichkeiten: einen stromführenden Zaun oder Herdenschutzhunde, wie Arnd Ritter vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen kürzlich bei einem Vortrag in Presberg erläuterte. Dabei sei die Höhe des Zauns nicht so entscheidend. Wölfe überwinden Hindernisse selten durch Überspringen. Wichtig sei, dass genügend Saft drauf ist: Mindestens 2000 Volt sollten fließen, sobald der Wolf Kontakt mit dem Zaun hat. Dass ein solches Erlebnis durchaus eine nachhaltig abschreckende Wirkung hat, kann jeder Hundehalter bestätigen, dessen Vierbeiner bereits mit solchen Einrichtungen Bekanntschaft gemacht hat. Zudem muss der Zaun gewisse Anforderungen erfüllen: Mindestens vier Litzen im Abstand von 20 Zentimetern sind nötig.

Anzeige

Auch Herdenschutzhunde kommen als Prävention gegen den Wolf infrage. Allerdings sei es schwierig, die Haltungsanforderungen zu erfüllen. Nicht nur, dass ein solcher Hund in der Herde, die er schützen soll, aufgewachsen sein muss. Viele dieser Hunde zählen zu den gefährlichen Rassen, sie verursachen außerdem hohe Kosten bei Anschaffung, Fütterung und tierärztlicher Betreuung. Auch feste Zäune mit Untergrabschutz oder nächtliches Aufstallen können Schutz gegen Wölfe bieten – doch das ist nicht überall möglich.

Förderung durch das Land Hessen

Weil der Schutz von Weidetieren viel Geld kostet und einen nicht unerheblichen Arbeitsaufwand verursacht, hat das Land Hessen Förderprogramme aufgelegt, die Weidetierhaltern die nötigen Investitionen erleichtern sollen. In der Förderrichtlinie Weidetierschutz ist festgelegt, was bei einer Antragstellung zu beachten ist. Gefördert wird allerdings nur, was über den sogenannten Grundschutz hinaus geht. Für den Grundschutz ist der Tierhalter selbst zuständig. Hobby-Tierhalter sind bei der Förderung ohnehin außen vor, obwohl sie die große Mehrheit der Weidetierhalter stellen.

Und gefördert wird nur in Wolfspräventionsgebieten – dort also, wo der Wolf nachgewiesenermaßen seit mehr als einem Jahr heimisch ist. Das ist zwar im Rheingau der Fall, doch der Wolf muss auch mehrfach zugeschlagen haben, bevor es Geld vom Land gibt. Das könne nicht so bleiben, meint auch Wolfsbeauftragte Jokisch, sei aber noch Stand der Diskussion. Sie empfiehlt den Weidetierhaltern, über ihre Verbände Druck auf die Politik auszuüben. Eingaben an das Ministerium blieben nicht ohne Wirkung.

Sollte ein Wolf aus dem Rheingauer Rudel demnächst dennoch einmal Beute in einer Schaf- oder Ziegenherde machen, dann kann ein Schadensausgleich beantragt werden. Allerdings gilt das ebenfalls nur bei gewerblicher Haltung. Dass der Schaden durch einen Wolf oder Luchs verursacht wurde, muss amtlich nachgewiesen werden. Ebenso, dass der Schutz der „guten fachlichen Praxis“ entspricht. So dürfe der Zaun beispielsweise keine Löcher aufweisen. Die Haltungsbedingungen werden durch einen Wolfsberater dokumentiert, der auch eine Gewebeprobe entnimmt. Hat den Schaden ein Wolf verursacht, werden Tierarztkosten, Schäden an den Tieren, Kosten für Sachverständige und anderes nach festen Sätzen ausgeglichen. Bei den meisten dokumentierten und untersuchten Rissen im Kreis waren die Verursacher jedoch nicht Wölfe, sondern Hunde.