Familienhebamme Angela Braun-Tesch hilft im Rheingau-Taunus...

Angela Braun-Tesch ist Familienhebamme im Rheingau-Taunus-Kreis.Foto: Braun-Tesch  Foto: Braun-Tesch
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„Jugendamt“ ist ein Wort, mit dem viele Eltern ausschließlich Negatives verbinden. Ein Begriff, in dem viele Ängste, Vorurteile und Missverständnisse zusammentreffen:...

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RHEINGAU-TAUNUS. „Jugendamt“ ist ein Wort, mit dem viele Eltern ausschließlich Negatives verbinden. Ein Begriff, in dem viele Ängste, Vorurteile und Missverständnisse zusammentreffen: „Wer als Familie mit dem Jugendamt zu tun hat, ist alleine nicht fähig, ein Kind zu erziehen“ – „Das Jugendamt nimmt mir das Kind weg.“ Dabei kann das Jugendamt so viel Gutes bewirken, Hilfe leisten für Familien, die in schwierigen Situationen stecken. Dieser Meinung ist Angela Braun-Tesch, Familienhebamme aus Eltville, die alle gängigen Vorurteile kennt, aber auch schon viele bei jenen Familien abgebaut hat, die sie betreut. Sie schildert den Fall einer jungen Mutter: zweites Kind auf dem Weg, gerade vom Mann verlassen, die restliche Familie wohnt weit weg, wenig soziale Bindungen. „Die Frau hatte eine Riesen-Hemmschwelle, beim Jugendamt nach Unterstützung zu fragen“, erzählt Angela Braun-Tesch. Am Ende konnte sie die junge Mutter überzeugen, sich zu melden, um am Ende auch schlicht nur die Hilfe einzufordern, die ihr vom Staat auch zusteht. Angela Braun-Teschs Überzeugungsarbeit wäre vielleicht weniger erfolgreich ausgefallen, gäbe es nicht das Netzwerk „Frühe Hilfen“ im Rheingau-Taunus, das seit 2013 im Rheingau-Taunus-Kreis aufgebaut wird. Durch ihre vielfältigen Kontakte mit vielen, die dort versammelt sind, weil sie mehr oder weniger mit dem Thema junge Familien zu tun haben, fiel es ihr auch leichter, Argumente für den Gang zum Jugendamt zu benennen.

Beim Netzwerk „Frühe Hilfen“ finden Eltern Rat

Fünf Jahre nach Einrichtung des Netzwerks zieht auch Koordinator Lutz Büchner, der im Jugendamt seinen Sitz hat, eine positive Bilanz. „Jetzt haben es Familien leichter, die passenden Stellen zu finden, bei denen sie sich Rat holen können.“ Als wichtiger Nebeneffekt komme hinzu, dass die „Beteiligten sich austauschen“, Netzwerkarbeit im reinsten Sinne.

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Im Falle von Familienhebamme Angela Braun-Tesch bedeutet das, dass sie etwa bei Problemen, die sie selbst nicht fachgerecht lösen kann, an andere Beratungsstellen weitervermitteln kann: „Häufig tauchen bei den Familien Fragen rund um das Geld auf. Das Ausfüllen eines Elterngeldantrags ist für viele sehr schwierig“, sagt Angela Braun-Tesch. Sie empfiehlt dann Caritas, Donum Vitae oder Pro Familia, die sich im Gewirr der Bürokratie auskennen. Dank des Netzwerks kennt sie viele Akteure dort persönlich. Angela Braun-Tesch versteht sich nicht nur als „Brückenbauerin“ zum Jugendamt, sondern eben auch als „Lotsin“, die dank der Kontakte unter den sozialen Einrichtungen weitervermittelt.

Für Kreisjugenddezernentin Monika Merkert (SPD) ist das Netzwerk „Frühe Hilfen“, das von der Bundesstiftung und damit von Berliner Geldern finanziert wird, nicht nur schlicht wichtig. Es sei auch ein „Unikum“, dass eine als „Versuchsprojekt“ angelegte hauptamtliche Stelle wie die von Lutz Büchner nach wenigen Jahren weiter mit Bundesgeldern verlängert wurde: „Das ist eine starke Aussage der Politik.“

Offene Sprechstunden gegen den Hebammenmangel

Die Familienhebamme Angela Braun-Tesch und ihre vier Kolleginnen als Teil des Netzwerks bieten an den Standorten Eltville, Geisenheim, Bad Schwalbach und Taunusstein offene Sprechstunden für junge Familien an: völlig unverbindlich und unter Betonung der Schweigepflicht. Dazu kommen Angebote im Geburtshaus Idstein. „Es ist eine große Chance, dass wir so ein niedrigschwelliges Angebot haben.“ Die Hemmschwelle hineinzukommen, ist gering. Die Sprechstunden sind aber auch eine Reaktion auf einen allgemeinen Mangel: Es gibt immer weniger Hebammen im Kreis, aber immer mehr Kinder. 2013 wurden im Rheingau-Taunus nach Angaben von Lutz Büchner noch 1200 Kinder geboren, 2017 waren es dann 1400.

Angela Braun-Tesch arbeitet jedoch nicht nur als „normale Hebamme“ privat oder bietet als Familienhebamme Sprechstunden und Cafétreffs an: Manchmal muss sie im Auftrag des Jugendamts und der Hephata Diakonie Geisenheim gemeinsam mit Sozialarbeitern auch in „Problemfamilien“, wenn die „Ampel schon auf Gelb“ hinsichtlich der Kindeswohlgefährdung steht. Das findet sie ein „bisschen schade“, lieber würde sie dort auch noch vorbeugender eingreifen können.