Der Tourismus spielt in der Weinregion Rheingau eine größere Rolle als in anderen Weinanbaugebieten, wie eine Untersuchung der Hochschule Geisenheim zeigt.
RHEINGAU. Eine Empfehlung ist die beste Werbung. Das war eine der Botschaften der ersten Rheingau-Konferenz im vergangenen Jahr. Wie man es schafft, ganz automatisch empfohlen zu werden, davon berichtete Marketingexperte Roman Kmenta bei der zweiten Rheingau-Konferenz zum Auftakt der Weinbauwoche, die der Arbeitskreis Kulturlandschaft (Rheingau-Taunus Kultur und Tourismus GmbH (RTKT), Rheingauer Weinwerbung und Zweckverband Rheingau) veranstaltete. Qualität ist das Schlüsselwort.
Mut zur Nische empfiehlt der Marketingexperte
„Mut zur Nische“, empfahl Kmenta den Hoteliers, Gastronomen und Winzern. „Sie müssen auffallen.“ Das versucht die Werbegemeinschaft Drosselgasse mit ihrer Aktion „Gude“, was nicht nur für die hessische Begrüßungsformel stehen soll, sondern für eine neue, andere Drosselgasse. Es ist der Versuch, Leute in die berühmte Gasse in Rüdesheim zu ziehen, die veraltete Vorstellungen fern ab jeder Realität haben, wie Maresa Nieten vom Hotel Rüdesheimer Schloss betonte. Das seien vor allem die Rheingauer, die sie darum bittet, der Drosselgasse eine zweite Chance zu geben.
Doch welche Bedeutung haben Touristen in der Weinregion überhaupt? Der Frage sind Professor Gergely Szolnoki und Maximilan Tafel von der Hochschule Geisenheim im Auftrag des Deutschen Weininstituts (DWI) in allen 13 Weinanbaugebieten nachgegangen. Erste Ergebnisse der Befragungen von Winzern und Touristen stellten sie bereits bei der ersten Rheingau-Konferenz vor, da war der Rheingau jedoch noch nicht dabei. 18 Interviews mit Winzern führten die beiden im Rheingau. 42 weitere Winzer befragten sie online. Außerdem standen 619 Touristen im Rheingau Rede und Antwort, die Szolnoki und Tafel bewusst auch an neutralen Standorten wie zum Beispiel am Niederwalddenkmal in Rüdesheim, an der Fähre in Mittelheim oder dem Besucherzentrum in Weilbach ansprachen.
Im Vergleich zu den anderen Weinanbaugebieten sind im Rheingau mehr Besucher aus der Gegend, sie übernachten häufiger in Pensionen und reisen, auch das unterscheidet den Rheingau von den anderen Gebieten, häufiger mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder dem Motorrad an, erklärte die DWI-Geschäftsführerin Monika Reule in Vertretung der verhinderten Wissenschaftler. Die Befragten im Rheingau konsumieren häufiger Wein als in den anderen Regionen, noch mehr als anderswo trockenen Weißwein, und wissen mehr über Wein.
Der Wein ist Reisemotiv Nummer zwei in den Rheingau, gleich nach der Natur und Landschaft und vor Essen und Trinken. 40 Prozent kommen wegen des Weins, in den anderen Regionen sind es im Durchschnitt 29 Prozent. Diejenigen, die wegen des Weins kommen, gehen im Rheingau anders als in den anderen Regionen weniger auf Weinfeste und im Vergleich mehr in Straußwirtschaften. Die Gäste im Rheingau sind mit den touristischen Angeboten im Rheingau zufrieden, nur bei den Unterkunfts- und Einkaufsmöglichkeiten schloss der Rheingau schlechter ab als der Durchschnitt.
Untersucht wurde auch die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus. Danach gibt der Übernachtungsgast 125 Euro im Rheingau pro Tag aus, in allen Regionen sind es im Schnitt 120 Euro, bei beiden drei Euro für Wein. Der Tagesbesucher lässt im Schnitt aller Regionen 70 Euro am Reiseziel, im Rheingau sind es 58 Euro. Bei den Gästen, die extra des Weins wegen kommen, sind die Tagesausgaben höher. Unterm Strich kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass rund 800 000 Übernachtungen 100 Millionen in der Region lassen und 7,5 Millionen Tagesbesucher 434 Millionen, zusammen also 534 Millionen Euro. Umgerechnet in Arbeitsplätzen entspreche dies 7400 Arbeitsplätzen, so Reule.
Die im Gastgewerbe gar nicht so leicht zu besetzen sind, wie die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Dehoga Hessen, Kerstin Junghans, in einem Vortrag erläuterte. Mit einem Pilotprojekt für eine Ausbildung im Gastgewerbe mit Zusatzqualifikation hofft die Branche, für Auszubildende interessanter zu werden.