Es wirkt so einfach, aber Improtheater ist eine hohe Kunst. Es gilt schließlich, absolut aufeinander zu achten und ein Stück mit Witz und Spannung zu produzieren, auch wenn...
WIESBADEN. Es wirkt so einfach, aber Improtheater ist eine hohe Kunst. Es gilt schließlich, absolut aufeinander zu achten und ein Stück mit Witz und Spannung zu produzieren, auch wenn man vorher noch gar nicht weiß, wie sein Charakter angelegt ist. Denn Name und Eigenschaften werden vom Publikum bestimmt. Wiesbaden hat schon lange diverse tolle Improensembles, die gerade im Sommer zu Hochform auflaufen. Keine Ausnahme macht die Crew vom Künstlerhaus 43, die derzeit wieder auf der Burg Sonnenberg ihre Sommerfestspiele abhält. Ehrensache, dass sie auch ihren Dauerbrenner „Mord in Aussicht“ mit auf die schöne Naturbühne bringen. Da gibt es viel mehr Platz als im Domizil in der Oberen Webergasse, und auch das Szenenbild von „Ronja Räubertochter“, dem diesjährigen Hauptstück der Festspiele, mutiert ganz einfach zur Amtsstube, zum „Italiener“ und zum Maleratelier.
Ermittlerduo Matschke und Hartfeld im Einsatz
Denn das Wiesbadener Ermittlerduo Matschke und Hartfeld – warum eigentlich haben sie nicht schon längst einen eigenen „Tatort“? – ist wieder aktiv und muss einen Fall lösen, der es in sich hat. Dabei wäre Matschke – Paraderolle für Impresario Wolfgang Vielsack – eigentlich viel lieber zur Fußball-WM gefahren. Doch er hat Dienst, und es gibt einen Mord. Wer war’s? Natalie Hart, die Schüchterne mit dem Putzzwang? Ferdinand Schmidt, jazzaffiner Architekt? Oder doch Kunstmaler Gustav Gans, dessen besondere Note es ist, nicht mit Pinseln, sondern mit Echthaar-Toupets zu malen? Und warum tut er das eigentlich?
Die Leiche, rekrutiert aus der ersten Reihe des Publikums, kann sich zwar bei ihrem Einsatz vor Lachen kaum halten, aber aufgeklärt muss der Fall ja werden. Das geschieht nicht etwa nach irgendwelchen logischen Gesetzen, sondern es gibt drei Umschläge, in einem steckt ein „M“ wie Mörder. Die werden den drei Verdächtigen zugeordnet und auf ein Brett genagelt. In der Pause dürfen die Zuschauer dort Nägel einschlagen, wo sie den Täter vermuten. Der ist dann aber doch ein ganz Anderer, denn wie gesagt: Logik ist hier weniger gefragt als schiere Situationskomik, die noch verstärkt wird, wenn die Schauspieler von den Zuschauern vorher beschriftete Zettel in ihr Spiel einbauen. So ergibt sich beispielsweise die Mordwaffe, ein Akkuschrauber.
Wie die vier Akteure Hans Jürgen Geiß, Axel Ghane Bariri, Claudia Heim und Kirsten Achenbach sich hier in ihre Rollen spontan einfinden, das ist schon ganz großes Kino. Sie müssen ihre Charaktere mit einer Vergangenheit und einem Mordmotiv ausstatten, dazu gilt es ja auch, witzig zu sein. Das an diesem Abend leicht fröstelnde Publikum im Burghof mitzunehmen, gelingt perfekt. Nicht zuletzt dank der Szenenmusik, die dieses Mal nicht nur der versierte Keyboarder Michael Bibo, sondern auch die Geigerin Ariane Jay verantworten.