Keine Rampensau, sondern professioneller Unterhalter – ...

Matthias Keller unterhält im Studio ZR 6. Foto: Studio ZR6  Foto: Studio ZR6

Als Sprecher hat sich Matthias Keller einen Namen gemacht, Erfolge feierte er mit seinen Lesungen und komödiantischen Abenden. Oft begleitet er seine Vorträge am Piano oder...

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WIESBADEN. Als Sprecher hat sich Matthias Keller einen Namen gemacht, Erfolge feierte er mit seinen Lesungen und komödiantischen Abenden. Oft begleitet er seine Vorträge am Piano oder auf der Gitarre; im Studio ZR6 präsentierte er nun sein Programm „Loopinsland“. Eine Revue, in der Keller als „Ein Mann Big Band“ in Erscheinung tritt. So etwas kann schnell langatmig werden – Keller hatte seine Reflexionen und Pointen allerdings so genau durchchoreografiert, dass in zwei Stunden keine Langeweile aufkam.

Stylish sind die Räumlichkeiten am Zietenring, „die herzlichste Location, die man sich vorstellen kann,“ nennt Keller das Studio ZR6.

Keller imitiert perkussive Klänge ohne Penetranz

Eine kurze Eröffnung gestaltet Jan Weiskopf vom Veranstaltungsteam: In Poetry-Slam-Manier spricht er über seine Glatze, um die Bühne sogleich einem Mann mit voller Haarpracht zu überlassen – Matthias Keller beginnt. Tatsächlich ist er technisch gewappnet, er nimmt einzelne Frequenzen auf, die sich ineinander fügen, die Loops gehen ins Land. Das Beatboxing ist überaus populär, oft wirkt es dennoch entsetzlich. Nicht so bei Keller, er imitiert die perkussiven Klänge ohne Penetranz. Penetrant hingegen sind Warnhinweise, welche er aus verschiedenen Verpackungsbeilagen und Bedienungsanleitungen zusammengetragen hat: Kinder sollen aus dem Kinderwagen entfernt werden, bevor letzterer zusammengeklappt wird; Frauen sollen nach dem Einführen eines Tampons den Slip hochziehen. Weiter geht es zu unliebsamen E-Mails, in denen Penisverlängerungen angepriesen werden: „Muschis brauchen 20 Zentimeter – 14 sind zu wenig.“ Andere Werbeideen entstammen Kellers Fantasie, sie sind hoffentlich zukunftsweisend: „Der ICE ,Claus Theo Gärtner’ hat 50 Minuten Verspätung, um die Wartezeit zu verkürzen, bekommen die Reisenden einen Liter Faxe.“

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Hier will jemand unterhalten – und kann es auch. Aggressivität wird gemieden. Das ist wohltuend, zu viele Kabarettisten brüllen einfach ihre Empörung in die Welt hinaus. Keller arbeitet höchst professionell, er ist keine Rampensau, die sich am Klang der eigenen Stimme ergötzt. Einige Lieder würden mit einem kleinen Ensemble freilich besser klingen als die zusammengebastelte Variante. Ausflüge in das Genre des Balkan-Pop gehen ab, vom Sliwowitz modulierte Gesichter werden beschworen. Keller hat eine große Bühnenpräsenz, spricht prononciert, nimmt zwischendurch Zurufe des Publikums auf. In dem vollkommen gestrigen Lied „A horse with no name“ greift er einfach wie effektvoll in die Saiten seiner Westerngitarre. Gegen Ende die volle Dröhnung: Loop über Loop – ein marokkanischer Basar wird collagiert, dann ein rumänischer Marktplatz. Jubel im Publikum, Zugabe ist eine Nummer aus den 80ern.