Vom Schreibtisch zurück an die Orgelbank: Kirchenmusik-Chef Drescher geht in Ruhestand
Mainzer Bischof Kohlgraf verabschiedete Thomas Drescher: Als Direktor des Instituts für Kirchenmusik kümmerte er sich fast 30 Jahre lang um Orgeln, Glocken und Unterricht im Bistum
Von Jan-Geert Wolff
Bischof Peter Kohlgraf (li.) und Thomas Drescher, langjähriger Leiter des Instituts für Kirchenmusik.
(Foto: Bistum)
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MAINZ - Für die Mainzer Narren war das Jahr 1991 zumindest kein fröhliches, führte doch der erste „Golfkrieg“ der Vereinigten Staaten gegen den Irak zur Absage des Rosenmontagszugs – erstmals seit mehr als 40 Jahren. Im gleichen Jahr gab es in Mainz jedoch auch Grund zur Freude, denn mit Thomas Drescher trat im November ein versierter Orgelfachmann an die Spitze der Kirchenmusikschule des Bischöflichen Instituts für Kirchenmusik; vier Jahre später ernannte ihn der Mainzer Bischof Karl Lehmann zum Leiter des Instituts selbst. Jetzt wurde Drescher von Bischof Peter Kohlgraf in den Ruhestand verabschiedet.
Wirken mit Nachhall weit in die Zukunft hinein
Kohlgraf sparte während eines Empfangs denn auch nicht mit lobenden Worten. Die fast drei Jahrzehnte seien für das Bistum „ein Gewinn und eine gute, prägende Zeit“ gewesen: „Ihre Arbeit wird noch über Jahrzehnte nachwirken“, dankte der Geistliche dem scheidenden Institutsleiter; dieser war unter anderem mit der Entwicklung einer kirchenmusikalischen Grundstruktur und eines differenzierten Aus- und Fortbildungsprogramms für Kirchenmusiker beschäftigt. Bis zum Jahr 2003 konnte durch Umwidmung von Stellen nach und nach ein grobmaschiges kirchenmusikalisches Netz über das Bistum gespannt werden. In Zahlen bedeutete dies die Schaffung von nicht weniger als neun Regionalkantorenstellen in den größeren Städten und an bedeutenden Kirchen des Bistums.
Seit 1991 wurden in Dreschers Amtszeit bistumsweit 66 neue Orgeln verbaut, 16 gebrauchte Instrumente erworben und 27 von Grund auf restauriert. Dreschers Rat und derjenige der ihm zuarbeitenden Sachverständigen war darüber hinaus bei Orgelreinigungen, -reparaturen, -umbauten und -erweiterungen gefragt.
Auch wenn es um den Klang der Kirchenglocken ging, wurde der Kirchenmusiker aktiv und betreute den Einbau neuer Geläute in 61 Gemeinden.
Zu Dreschers Aufgaben gehörte auch die Mitarbeit in der Redaktion des Mainzer Eigenteils des katholischen Gesangsbuches „Gotteslob“, der bundesweit als besonders interessant, innovativ und ausgewogen gelobt wurde. Zudem organisierte das Institut seit 1991 vier Diözesankirchenmusiktage, zuletzt 2018 in Worms.
Drescher selbst sah seine Hauptaufgabe als Institutsleiter stets in der Ausbildung der neben- und ehrenamtlichen Kirchenmusiker: „Sie sind es, die fast ausnahmslos die Kirchenmusik des Bistums tragen.“ So absolvierten seit seinen Anfängen in der Landeshauptstadt mehr als 500 Schüler eine entsprechende Ausbildung. Dass nicht wenige davon die Musik zu ihrem späteren Beruf machten, bestätigte den Institutsleiter in seinem Wirken: „Die Tatsache, junge Menschen durch diese Ausbildung ein Stück weit prägen und ihnen die Kirchenmusik erfolgreich als sinnstiftenden Teil ihres Lebens vermitteln zu dürfen, gehört zu den schönsten Erfahrungen meines beruflichen Lebens“, sagt Drescher heute. Besonders gerne erinnert er sich daran, dass zwei Schülerinnen nach ihrer Ausbildung in ihrem Heimatort bei Darmstadt selbst einen Kinderchor gründeten, der heute rund 30 Mitglieder zählt und floriert.
Die berufliche Laufbahn des auf den Tag genau heute vor 64 Jahren geborenen Heidelbergers begann mit dem Schulmusikstudium in Mannheim, dem sich das der Kirchenmusik in Freiburg im Breisgau anschloss. Bevor er nach Mainz kam, war Drescher seit 1983 Bezirkskantor in Tauberbischofsheim. Und „ad fontes“ heißt es für ihn auch im Ruhestand: Da seine Tätigkeit im Institut eher am Schreibtisch stattfand, widmet sich Drescher nun wieder mehr dem aktiven Musizieren. Neben kleineren Chorprojekten sitzt er in St. Stephan auf der Orgelbank und wenn die Renovierung des Instruments in St. Ignaz abgeschlossen ist, auch dort. Sein Ziel ist es, die Innenstadtkirchen als Kulturstätten mehr in den Fokus zu rücken, um die Menschen auch über die Musik zu erreichen.