Akustischer Jazz-Folk mit Raum für Pausen und zarte Ornamente: Der Sting-Gitarrist gastiert mit handverlesenen, hochkarätigen Musikern und großer Spielfreude im Frankfurter Hof
Von Fred Balz
Die Band beim Mainz-Gastspiel mit Santiago Arias (v.li.), Dominic Miller, Nicholas Fiszman und Ziv Ravitz (nicht im Bild Pianist Mike Lindup).
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
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MAINZ - Es ist eine ganz andere Hör-Erfahrung, den Ausnahmegitarristen Dominic Miller mit seiner eigenen Band und Musik zu erleben, als „nur“ als Begleiter von Phil Collins, Paul Simon – und seit bald 30 Jahren Sting, dessen Musik er maßgebend mitgeprägt hat.
Im Frankfurter Hof ist Miller mit folkloristisch grundiertem Jazzrock auf der Martin-Steelstring-Gitarre und einer klassischen Nylon-Konzertgitarre zu hören. Ohne E-Gitarre und Soundeffekte zelebriert er einerseits entspannt folkloristisches Fingerstyle-Picking mit Raum für Abschweifungen, Pausen und zarte, dem Impressionismus abgelauschte Ornamente. Eingebettet in die südamerikanische Samba- und Bossa Nova-Tradition, europäische Kunstmusik und französische Musette gelingen ihm und seinen handverlesenen Musikern klangmalerisch beeindruckende Folkjazz-Pretiosen ohne Effekthascherei.
Andererseits gibt es heftige, knapp skizzierte Rhythmusstücke, die seine exzellenten Mitmusiker Nicholas Fiszman am Bass und Drummer Ziv Ravitz zu verwegenen Soli einladen. Manche ausufernden Riffs und Vamps hätte sich Miller sparen können, wären da nicht das exzellente Trommelfeuer und die raffinierten Basslinien seiner alten Mitstreiter. Als Gäste sind wie auf dem aktuellen Album „Absinthe“ Bandoneonspieler Santiago Arias aus Buenos Aires sowie der einstige Studien- und „Level 42“-Bandkollege Mike Lindup vertreten. Doch während Lindup sein Studium an der renommierten „Guildhall School of Music“ in London abschloss, um 1980 mit Mark King die Funk-Überflieger „Level 42“ zu gründen, brach Miller das Studium ab und verdingte sich als Teamplayer, der über 250 CDs seinen gitarristischen Stempel aufdrückte. So ist es Lindup, der mit sparsamen musikalischen Einwürfen an Piano, Keyboard und Synthesizer die Grooves und Sounds des Fusion-Jazz hochhält und die leiseren Töne mit zurückhaltenden leicht sphärischen Klangfarben bereichert.
Stärkeren Eindruck bereiten die wehmütig schwelgerischen, der Musette-Tradition nicht unähnlichen spontanen melodischen Bandoneon-Einwürfe von Santiago Arias, die den folkloristisch anmutenden Stücken Charakter einhauchen. In wechselnden, ungeraden Zählzeiten erklingt „Etude“. Natürlich finden sich in den Balladen auch Anklänge an die Musik Stings, die mit Versen, Refrains und Überleitungen als Songs gedacht sind. Die Balladen „Meeting Point“ und der Bandoneonseufzer „En Passant“ sind solche Stücke.
Am Ende kommen denn auch die Sting-Fans mit dem instrumentalen „Fields of Gold“ und dem zum Schluss von Lindup gesungenen „Fragile“ auf ihre Kosten. Statt des gewünschten „Level 42“-Songs trällert Lindup jedoch lieber „Stayin’ Alive“ von den Bee Gees als Rausschmeißer.