Slash und Myles Kennedy in der Stadthalle Offenbach
Spielfreude pur und reinste Songwriting-Magie: ein Konzert des Guns-N‘-Roses-Gitarristen und dem Frontmann von Alter Bridge, das keine Wünsche offen lässt.
Von Torben Schröder
Einer der besten Gitarristen der Welt: Slash.
(Foto: Rudolf Uhrig)
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OFFENBACH - Normalerweise setzt gegen Ende eines Konzerts die Abwanderungswelle ein. Den Stau vermeiden, die frühere Bahn für etwas mehr Schlaf. Diesmal ist alles egal. Auch die allerletzte Note, die Slash seiner Gitarre entlockt, muss gehört werden, aufgesaugt. Für mehr als zwei Stunden so etwas wie taumelnde Glückseligkeit in der schwitzigen Luft der ausverkauften Offenbacher Stadthalle. Drei seiner vier Solo-Platten hat der Guns-N‘-Roses-Gitarrist gemeinsam mit Sänger Myles Kennedy produziert – ein Duo, das auch live prima harmoniert.
Und das, „Night train“ ausgenommen, inzwischen komplett auf die alten Gunners-Klassiker verzichten kann. Saul Hudson, so Slashs bürgerlicher Name, hat dem Sleaze Rock Ende der 80er, Anfang der 90er mit seinem differenzierten, treibenden Leadgitarrenspiel bleibende Größe verliehen. Inzwischen entfaltet sich über dem festen Rock'n'Roll-Fundament immer mehr vom US-typischen Alternative, wie ihn Kennedys Hauptband Alter Bridge spielt. Entstanden ist ein Hybrid, der zwar noch nicht die Über-Hits der Sorte „Paradise City“ abgeworfen hat. Doch Slashs Riffs und Soli stehen jenen von vor 30 Jahren in nichts nach. Und in Myles Kennedy hat der 53-Jährige einen Partner gefunden, der zwar nicht das Charisma des jungen Axl Rose erreicht, dessen Vier-Oktaven-Stimme sich aber als deutlich zuverlässiger erweist.
Das gilt offenbar auch für die Arbeitsbeziehung. Slash und Rose, das war, vor ihrem erst kürzlich zwecks äußerst ertragreicher Comeback-Tour beigelegten Dauer-Zoff, reinste Songwriting-Magie. Slash und Kennedy, das ist gemeinsam mit der Begleit-Band „The Conspirators“ Spielfreude pur. Und starke Songs schreiben die beiden auch. „The Call of The Wild“ dengelt frisch drauf los, „Ghost“ tänzelt betörend, „Back From Cali“ entpuppt sich als leidenschaftlicher Bluesrocker und in „My Antidote“ setzt Kennedy seine Stimmbänder dermaßen unter Hochspannung, dass es Axl Rose daheim das Botox aus den Wangen drückt.
Slashs magnetische Leads („Standing In The Sun“, „Mind Your Manners“) ziehen auch durchschnittliche Kompositionen („Serve You Right“) weit nach oben. Beim punkigen „We‘re All Gonna Die“ und der 2010 noch von Lemmy Kilmister eingesungenen Motörhead-Verbeugung „Doctor Alibi“ steigt die Schlagzahl, dramatische Balladen („The Great Pretender“, „Starlight“) funktionieren ebenso gut. Und als der Gitarrero zum dynamischen Zehn-Minuten-Solo ansetzt, klappen kollektiv die Kinnladen runter. Zugabe, noch ein Solo, tiefe Verbeugung. Keine Sekunde vorher geht’s nach draußen.