Ob traditionell oder zeitgemäß, ob Boxsport oder sanfter Reigen: Tanzmainz bietet spannende Vielfalt mit Choreografien „B. Dance“ aus Taiwan und „Compagnie Siamese“ aus Belgien
MAINZ - Traditionell oder zeitgemäß: Zehn Tage vollgepackt mit Tanz aus aller Welt, das ist das Tanzmainz-Festival in seiner dritten Ausgabe. Was tut sich in der internationalen Tanzszene? Wie unterscheiden sich unterschiedliche Kulturen?
Wieder einmal gibt Tanzdirektor Honne Dohrmann bei seinem innovativen Festival die Einführung zu allen Events. Reichlich Exotik bringt die Tanzkompanie „B.Dance“ aus Taiwan mit dem Stück „Floating Flowers“ im Großen Haus des Staatstheaters auf die schneeweiße Bühne. Elektronische Beats zu grellen Geigenklängen lassen abstrakte rhythmische Figuren über die unvermeidliche Videoleinwand huschen. Jeweils vier in Reifrock und weißes aufgebauschtes Musselin gekleidete männliche und weibliche Tänzer tanzen allein, zu zweit, gemeinsam oder in Formationen zu unterschiedlichen Rhythmen und Tempi.
Choreograf Po-Cheng Tsai hat dabei die auf dem Wasser treibenden Laternen als Glücksbringer des buddhistischen Geisterfestes im Sinn, wenn er seinen Tänzern wogende sanfte Bewegungen auf den Leib schneidert. Tatsächlich stellt sich trotz der grellen Musik ein Eindruck von entspannt fließenden Bewegungen ein, die sowohl dem klassischen Ballett als auch modernen Ausdrucksformen entnommen sind. Das ist schön anzusehen, bleibt aber abstrakt und ohne religiöse oder ethnische Bezüge. Allmählich werden die Bewegungen heftiger und nähern sich bisweilen rituellen Stammestänzen mit starkem Bewegungsrepertoire in Armen und Beinen an. Beeindruckend auch die Präzision im gespiegelten Tanz der Paare oder die Perfektion der Formationstänze.
Härte und Ambivalenz des Boxsports zum Thema einer Choreografie zu machen, ist Anliegen der belgischen „Compagnie Siamese“ und seiner Choreografen Koen Augustijnen und Rosalba Torres Guerrero, die im Stück „B“ (wie Boxkampf) als Sängerin und Darstellerin eine gute Figur macht. Getreu dem Motto von Muhammad Ali „Wer keine Vorstellungskraft hat, hat auch keine Flügel“ bringen sie sechs Tänzer(innen) und zwei Profiboxer auf die Bühne, die die Sportart Boxen kraftvoll, schweißtreibend und bewegungsintensiv verkörpern.
Doch vor dem Wettkampf stehen Warmlaufen, Seilspringen und die Arbeit am Sandsack. Ziel der Choreographie ist es Kraft und Körperlichkeit der unterschiedlichen Kämpfer in den Vordergrund zu stellen. Die Körpersprache wird dabei ein ums andere Mal betont, sowohl martialisch hart als auch ironisch gebrochen. Am Ende bleibt gerade noch ein Häufchen Elend übrig.
Dass Boxbewegungen unmerklich in HipHop- und Breakdance-Moves übergehen, macht die Aufführung spannend wie unterhaltsam. Der Showdown im Endkampf findet in Zeitlupe mit reichlich Kunstblut, starken Blessuren und einem ausgespuckten Zahn statt. Eitle Siegerposen werden vom Publikum niedergebuht. Das Schnaufen der Kämpfer geht ins Knurren und Heulen der Kampfhunde über. Neben der völligen Verausgabung der Tänzer beeindruckt das gestalterische und gesangliche Talent des Breakdancers, der am Ende mit Sängerin und Beatboxer einen funky Gospel in den Zuschauersaal hinausschreit.