Finstere Schamanin von der Elfenbeinküste in Mainz
Dobet Gnahoré wirkt dynamisch, entfesselt: Die Sängerin, Tänzerin und Perkussionistin inszeniert sich kraftvoll wie eine Kriegerin und wendig wie eine Schamanin. Packender Auftritt
Von Fred Balz
Kraftvoll und wendig wie eine Kriegerin: Dobet Gnahoré, 1999 nach Frankreich geflohen, in Mainz.
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
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MAINZ - Dobet Gnahoré wirkt finster. Die Sängerin, Tänzerin und Perkussionistin von der Elfenbeinküste inszeniert sich kraftvoll und wendig wie eine Kriegerin. Das korrespondiert mit ihren kantig impulsiven Stammestänzen und dem Trommelgewitter, das sie den eigentlich unnötigen Rhythmus-Samples von Keyboarder Pierre Chanand und dem Trommelteppich (Mike Dibo) hinzufügt.
Es wird laut, Synthie-Bässe wummern. Statt Spiritualität ist eine panafrikanische Tanzsause angesagt, mit elektronisch-rockigem Afro-Beat der in Frankreich lebenden Künstlerin. So ist die Musik ein Kompromiss aus der kreisend polyphonen afrikanischen Musiktradition und westlichen Dance-Grooves.
Die plakativen, selbst verfassten Texte – in Französisch, ihrer Muttersprache „Bété“ und der archaischen Urform „Guébi“ gesungen – handeln vom Leben und Kampf der Frauen und Kinder im ehemaligen Bürgerkriegsland, für die Dobet Sprachrohr sein möchte.
KULTURABEND
Bereits um 18 Uhr begann der ivorische Kulturabend mit Essen, Basar und einer Kunstausstellung. Ferdinand Gronso, ein junger Flüchtling von der Elfenbeinküste, zeigt farbenfroh plakative Acryl-Gemälde auf Leinwand; Motive seiner Heimat wie eine Quelle mit Tonkrug, Wasserfall, ein Sonnenuntergang am Fluss und immer wieder Gesichter werden durch ihre explodierenden Farben sofort zum Blickfang.
Weitere Themen sind die Weisheit der Alten, eine Frau mit Beinprothese, die selbständige Schneiderin wird, und die Liebe ohne traditionelle Fesseln und Regeln. Ihre klare, helle Stimme kann flüstern, schreien, schluchzen, jodeln und mühelos vom Brust- ins Kopfstimmenregister wechseln. Musikalisch mixt die routinierte Band ghanaischen Highlife-, kamerunischen Bikutsi-, kongolesische Rumba- und westafrikanische Mandinke-Musik mit Rock und Pop.
Die moderne panafrikanische Vision ihrer Kultur wurde Dobet Gnahoré bereits in die Wiege gelegt: Der Vater war Meistertrommler, die Mutter Tänzerin. Umgeben von Musikern, Tänzern, Schauspielern und Instrumentenbauern wuchs sie in einem aufgeklärten Künstlerdorf auf. 1999 flüchtete sie wegen des Bürgerkriegs nach Frankreich. So sind ihr die aktuellen Bootsflüchtlinge vertraut, denen sie einen Song widmet.
Das intime Duett „La Source“ zwischen Gitarrist Julien Pestre leitet das Finale ein, das mit „Miziki“, einem Song über die Kraft der Musik, und älteren Stücken das Publikum packt und zum Tanzen verleitet.