Die legendäre kanadische Jazzerin Holly Cole spielt in Mainz
Nach zeitweiligem Bühnen-Rückzug und langer Plattenabstinenz kehrt die große kanadische Stimme Holly Cole im Frankfurter Hof zurück zu ihren Jazz-Wurzeln. Vielfalt ist ihre Stärke.
Von Fred Balz
Die kanadische Jazzerin Holly Cole mit ihren Musikern in Aktion.
(Foto: hbz/Stefan Sämmer)
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MAINZ - Toronto ist eine Stadt, die man eher mit Rockbands wie „Rush“ und „Men Without Hats“ oder der Folkmusikerin Leslie Feist in Verbindung bringt. Nach zeitweiligem Rückzug von der Bühne und langer Plattenabstinenz kehrt die große kanadische Stimme Holly Cole im Frankfurter Hof zurück zu ihren Jazz-Wurzeln.
Erstaunlich, in wie vielen musikalischen Stilen die Sängerin mit der tiefen ausdrucksstarken Stimme zuhause ist. Doch auch bei ihren country- und folkorientierten Platten bleibt sie bei handgemachter akustischer Musik ohne Effekthascherei.
Mit der folkloristischen Pianoballade „Take Me Home“, ein sehnsuchtsvolles Liebeslied an einen „närrischen Jungen“ (foolish boy), beginnt der Abend. Auch wenn sich Songs wie „Jersey Girl“ und „Closing Time“ von Tom Waits ins Programm geschlichen haben, ist vom ursprünglichen Arrangement kaum etwas übrig geblieben.
Der Jazz ist ihre eigentliche Stärke. Nur hier kann Holly Cole nach Herzenslust mit handverlesenen Musikern experimentieren. So ist Doris Days Hitchcock-Filmklassiker „Que Sera“ nur noch an Text und Gesangsgestus zu erkennen. Tempo, Melodie, Instrumentierung und sogar die fröhliche Stimmung des Liedes erklingen verändert.
Dekonstruktion und Umdeutung bekannter Songs muss das Publikum erstmal schlucken. Schon seit ihren Anfängen 1986 spielt Holly Cole mit dem Pianisten Aaron Davis zusammen, der Einflüsse aus Bebop („Get out of Town“), Swing („Moonglow“), Cool Jazz („Train Song“ als intime Zugabe) und frühem Jump-Jazz („Down, Down“) mit kammermusikalischen Elementen mixt, und so jeden Song unverwechselbar erscheinen lässt.
Vielfalt ist die große Stärke dieser Jazz-Melange mit Ausflügen zum Souljazz und R&B. Selbst in Bebop-lastigen Stücken agiert die Band mit Kontrabass, Schlagzeug und Tenorsaxofon entspannt und über weite Strecken notengetreu – was nicht heißt, dass die Musiker nicht auch gekonnt improvisieren und interagieren können.
Ein ums andere Mal lehnt sich die Sängerin entspannt zurück und lässt ihren Jungs freien Lauf. Das ist ebenso reizvoll wie die bestens austarierte, volltönende, unaufgeregte Stimme Holly Coles.