Classic Clash in Mainz mit dem Vadim Neselovskyi-Trio
Kraftvolle Fusionen: Spannende Schnittmengen unterschiedlicher Musikstile zu finden, das will die von Villa Musica und SWR2 verantwortete Classic Clash-Reihe im Frankfurter Hof.
Von Fred Balz
Classic-Clash III mit dem Vadim Neselovskyi Trio – mit Vadim Neselovskyi (Piano), Dan Loomis (Bass) und Ronen Itzik am Schlagzeug.
(Foto: hbz/Judith Wallerius)
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MAINZ - Die Grenzen von Klassik, Jazz und Populärmusik zu überschreiten und spannende Schnittmengen unterschiedlicher Musikstile zu finden, ist das Anliegen der von Villa Musica und SWR2 verantworteten Classic Clash-Reihe im Frankfurter Hof. Selten hat man einen solch kraftvoll aufspielenden, technisch perfekten Jazz- und Konzertpianisten wie den 43-jährigen Vadim Neselovskyi erlebt, der noch dazu Eigenkompositionen zwischen Romantik, Impressionismus und Avantgarde mit jazzigem Ansatz spielt. Vielleicht könnte man ihm vorwerfen, dass er mit pianistischem Furor seine exzellenten Mitmusiker Dan Loomis am Kontrabass und Ronen Itzik am Drumset in den Hintergrund drängt. Doch erst ihr Spiel macht deutlich, dass es sich bei der oft atonalen, gegen den Strich gebürsteten Musik um abstrakt klassizistische Kompositionen, schräge Rhythmen, markante Skizzen, hämmernde Ostinati oder kontrastreiche Suiten handelt, die im Geiste des Bebop, Freejazz oder des philharmonischen Jazz gespielt werden. Hier ist ein junger Wilder am Werk, der einen kompromisslosen Weg eingeschlagen hat, der die Freiheit des Jazz mit der Formstrenge der Klassik und der Experimentierfreude der Moderne verbindet. „Get up and go“ ist solch ein rhythmisch harmonisches Chamäleon mit Unisono-Vokalisen des Pianisten im Eröffnungs- und Schlussthema. Ungerade Zählzeiten und wechselnde Rhythmen gehören dabei ebenso zum Kompositionsprinzip wie die Nutzung ungewohnter Tonarten und Skalen. Bisweilen mutet die Musik wie ein Flickenteppich scheinbar widerstrebender Muster an. So kontrastreich die Musik auch erscheint, so haben die Stücke meist einen gemeinsamen Nenner: Eigenwillige Grooves, monotone Vamps, gegenläufige Pianofiguren oder durchlaufende Ostinati geben Struktur, mischen die Kompositionen auf und überraschen den Zuhörer ein ums andere Mal. Die Mitmusiker setzen mit kraftvollem Spiel rhythmische Akzente. Mit Besen, Klöppeln oder dem Spiel mit Händen bereitet der Schlagzeuger bisweilen auch leise atmosphärische Stimmungen, die mit den Einwürfen des Bassisten wie ein Nachhall des Pianisten wirken. In stillen Stücken nähert sich Neselovskyi dem Impressionismus Chopins („San Felio“) oder der Unmittelbarkeit ukrainischer Volkslieder („Song to my parents“) an. Mit vollem Körpereinsatz lebt er seinen Hang zu musikalischen Tabubrüchen aus. Die Verblüffung des Publikums bleibt dabei nicht aus.
Seit 2013 ist Neselovskyi Professor für Piano am „Berklee College of Music“ in Boston und Mitglied des „Gary Burton New Generation Quintetts“.