Mit seinem Krimi „Die Ermordung des Glücks“ eröffnete Friedrich Ani das diesjährige Rheingau Literatur Festival auf Burg Schwarzenstein.
RLF: Ein Krimi für die, die keinen Krimi mögen – Friedrich Ani liest aus „Ermordung des Gücks“
Von Viola Bolduan
Friedrich Ani (rechts) mit Moderator Martin Maria Schwarz (links) auf Burg Schwarzenstein.
(Foto: Ansgar Klostermann)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
JOHANNISBERG - „Nichts vom Angesagten hat mich je interessiert“, sagt Friedrich Ani. Von vornherein stellt es der Autor im Gespräch mit Moderator Martin Maria Schwarz (hr2-Kultur) unter Beweis. Die Lesung aus Anis neuem Roman „Ermordung des Glücks“ ist Auftakt des Rheingau Literatur Festivals auf Burg Schwarzenstein in Geisenheim-Johannisberg.
Selbstbewusst offen und ungeschminkt
Wenn im deutschsprachigen Krimi bluttropfende Messer, täternachhechelnde Ermittler oder sogenannte gesellschaftsrelevante Themen „angesagt“ sind, interessiert’s den Autor fürs eigene Schreiben nicht; wenn im öffentlichen Gespräch konventionell freundliche Antworten erwartet werden, dann ist es erst recht nicht seins. Selbstbewusst offen bis zum Sarkasmus und ungeschminkt begegnet Ani erwartbaren Fragen und hat dabei meist die Sympathie des Publikums auf seiner Seite; berühren die Aussagen Existenzielles, herrscht bedrückte Stille.
Der Saal ist ausverkauft und die Lichtregie nicht ideal, als Festivalintendant Michael Herrmann die Gäste zur ersten „Weinlese“ in diesem Jahr begrüßt. Der erste Gast wird nach seiner Treue zum FC Bayern München gefragt: „Des is halt so.“ Was sonst? Sachgemäßer die Frage nach seiner Leidenschaft fürs Krimi-Genre. Friedrich Ani (59) erklärt, dass es ihm seltene „Wucht“ erlaube und deshalb das Gefühl gebe, hier „zu Hause zu sein“. Sicher dient das Genre auch der eigenen Verkleidung („wenn man nichts von sich einbringt, dann bringt’s ja nichts“), und wer sich da verkleidet, will keine „Polizeibeglaubigungsgeschichten“, sondern Krimis schreiben für die, „die keine Krimis mögen“, sich aber entführen lassen wollen in die Abgründe menschlicher Existenz. Seit 2015 an der Hand von Friedrich Anis neuer Ex-Kommissar-Figur Jakob Franck.
Volker Schlöndorffs Verfilmung des damals erschienenen Romans „Der namenlose Tag“ war Anfang des Jahres in der ARD zu sehen. Das neue Buch „Ermordung des Glücks“ wird jetzt vorgestellt.
„Den Plot zusammenfassen geht sowieso nicht, besser ich les’ das...“ Und Friedrich Ani liest mit auch wenig Licht von Jakob Franck, der der Mutter die Todesnachricht vom ermordeten elfjährigen Sohn Lennard überbringt, und einer Reaktion existenzieller Erschütterung. Die austarierte Prosa kommt mit wenigen Bildern aus und entfaltet einen unwiderstehlichen Sog in die Tiefe. „Ich muss Trauer nicht recherchieren – das kann ich.“
Im Roman gebe es keinen „Schrei nach Erlösung“, den der Moderator gehört hat, sondern Figuren, deren Dunkelheit er beschreibe mit dem Recht, auch Leser zu verdunkeln. Anis Schlussbemerkung ist keineswegs nur ein „Riesling-Gedanke“, sondern passendes Fazit des souveränen Auftritts eines unangepassten, aber angekommenen, empfindlichen und empfindsamen Darstellers von Ausweglosigkeiten.