Über 200 Filme ab 16. August beim Weiterstädter Filmfest
Die 42. Ausgabe des Open Air im Braunshardter Tännchen ist trotz Trockenheit derzeit nicht gefährdet. An fünf Tagen laufen 213 Beiträge aus 46 Ländern im Freien und im Filmzelt.
Von Stefan Benz
Kulturredaktion Darmstadt
Durchs Weltall mit Glam-Rock: Das Musivideo "Mars ain't that far" läuft in Weiterstadt. Foto: Theo Sparks
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WEITERSTADT - Die Hitzewelle rollt übers Land, Äcker sind ausgedörrt, die Waldbrandgefahr wächst. Andernorts werden Festivals im Freien abgesagt. Im Braunshardter Tännchen aber soll vom 16. bis 20. August nicht nur wieder das Open-Air-Filmfest steigen, sie spielen dort auch noch lustig mit dem Inferno.
Phil Brough zeigt in seinem Neunminüter "Fire in Cardboard City", der am Samstagabend, 18. August, läuft, dass selbst Beton brennen kann wie Pappe. Was allerdings auch daran liegt, dass die amerikanische Stadt hier tatsächlich aus Pappkarton besteht. Die animierte Katastrophenfilmparodie hat eine Ausstattung wie aus dem Kinderladen und eine Dramaturgie wie bei Michael Bay in Hollywood. Da brennt selbst das Löschwasser, weil es aus Papier ist, und auch die Wolken fangen Feuer.
Ja, in Weiterstadt haben sie eben einen Sinn für zündende Ideen - deshalb kommt das Festival ja auch so gut an. Aus 4000 eingereichten Filmen mit maximal 60 Minuten Länge haben mehrere Jurys 213 Beiträge aus 46 Ländern ausgewählt, die von Donnerstag (16.) bis Montag laufen. Wobei jeder Tag ein Motto hat, das einen Romantitel der Reihe "Per Anhalter durch die Galaxis" von Douglas Adams paraphrasiert. Schließlich ist dies das 42. Filmfest, und 42 ist bekanntlich bei Adams die sinnlose Antwort auf die Frage "nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest". Zum ersten Mal ist denn heuer auch das Plakatmotiv einer solchen Idee gewidmet, zeigt den Filmhirschen, der per Anhalter einem Ufo folgen will.
Durchs Weltall mit Glam-Rock: Das Musivideo "Mars ain't that far" läuft in Weiterstadt. Foto: Theo Sparks
Der Stahlbeton brennt wie Papier. Kein Wunder, denn der Trickfilm "Fire in Cardboard City" zeigt das flammende Inferno in einer Stadt aus Pappkarton. Foto: Phiel Brough
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Nicht dass es diesmal in Weiterstadt von Science-Fiction-Filmen wimmeln würde. Immerhin läuft am Samstag (Tagesmotto: "Das Filmfest, am Ende des Universums") das animierte Musikvideo zur Glam-Rock-Nummer "Mars ain't that far away" der Band "Jupiter in Velvet", die hier mit rotem Cadillac-Cabrio durchs All kreuzt, bis das Plutonium aus ist. Auch sonst gibt es wieder viele Trickfilme, sagt Festivalsprecher Andreas Heidenreich bei der Pressekonferenz.
Terror, Migration und Donald Trump
Das Thema Terror ist ebenso im Programm wie die Migration. Der junge Berliner Filmemacher Marc Sebastian betrachtet solch eine Geschichte vom Ende her: Seine Dokumentation "Demian" macht den Zuschauer bekannt mit einem jungen Mann, der eben erst als Klassenbester in Metalltechnik von der Berufsfachschule abging, als Personal Trainer im Fitnessstudio jobbte und jetzt abgeschoben in Kamerun hockt, wo er keinen kennt, auf einem Markt Uhren weiterverkauft und in einer Wohnzelle mit Matratze und defektem Kühlschrank haust. "Auf einmal ist die Welt einfach weg", sagt er und fragt sich: "Vier Jahre Deutschland - war das alles umsonst?" Unter den Einsendungen habe es "viele tolle längere Dokumentationen gegeben", sagt Andreas Heidenreich, doch kippten viele aus dem Programm, denn nicht nur die Qualität des einzelnen Beitrags, auch die Dramaturgie des Spielplans muss passen. Und lange Dokus kurz nach Mitternacht, das geht nicht gut.
MEHR GELD, WENIGER HELFER, VIELE FILME
Der Landeszuschuss für das Weiterstädter Filmfest wurde von 2017 (34 000 Euro) auf 40000 Euro in diesem Jahr erhöht. Nachdem es jahrelang keine Erhöhungen gab, puffert das Plus nun auch Preiserhöhungen ab, erläutert Festivalsprecher Andreas Heidenreich. Ansonsten werden mit dem Geld einige Dienstleistungen eingekauft, die vorher vom Team unentgeltlich erledigt wurden. Insgesamt leisten Helfer jedes Jahr 11000 unbezahlte ArbeitsstundenRund 180 Männer und Frauen packten in den Vorjahren an, als das Festival in den Ferien lag. Bislang haben sich nur rund 100 gemeldet. Ab Samstag, 12. August, geht´s im Tännchen mit Vorbereitungen los - weitere Freiwillige sind willkommen.
Aus dem Programm: Das Best-of zum Abschluss am Montag (20.) im Filmzelt kostenpflichtig. Freier Eintritt ist von Donnerstag bis Sonntag, wobei Spenden erbeten werden. Als Sonderprogramme gibt es unter anderem zum ersten Mal Jugendkino am Freitag (17.) ab 16.30 Uhr, danach ab 18.30 Uhr den Kurzfilm-Poetry-Slam, Kinderkino am Samstag ab 10 Uhr und ab 22.30 Uhr den Super-8-Wettbewerb mit Publikumspreisen. (sb)
Ein Hauptdarsteller, der im vergangenen Jahr schon vermisst wurde, hat diesmal zum Auftakt des Abendsprogramms am Sonntag (19.) seinen großen Auftritt: Donald Trump wird zur Haupt- und Hassfigur in der mexikanischen Satire. "Mamon". Hinter der Grenzmauer fallen Mexikaner vom Himmel - im hohen Bogen aus den USA herauskatapultiert. Als sie sich weigern, für den antimigrantischen Schutzwall zu zahlen, steuert der Präsident einen Kampfroboter über die Grenze, ein zweibeiniges Trumpeltier, das alle platt macht. Gegen diesen Transformers-Trump können nur die Götter helfen. Satirischer Funkenflug bei einem politisch explosiven Thema - die Brandwache in Tännchen muss in diesem Jahr wirklich besonders gut aufpassen.