Sprache unter der Lupe: Gedanken zum Impro-Sommer auf dem Neroberg
Andrea-Eva Ewels, Geschäftsführerin der Gesellschaft für deutsche Sprache, macht sich in unserer Reihe „Sprache unter der Lupe“ Gedanken zu Begriffen wie Erlebnismulde, Improvisiertes Theater, Champion und Champignon.
Von Andrea-Eva Ewels
(Foto: )
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
WIESBADEN - Der Wiesbadner Neroberg ohne den direkten Bezug zum Kaiser wurde von uns schon einmal unter die Lupe genommen. Auf dem Berg gibt es eine Erlebnismulde. Mulde stand übrigens früher nur für das längliche halbrunde Gefäß, den Trog, dann wurde das Wort auf die Vertiefung im Boden übertragen. Das ist gut nachzuvollziehen, denn die Erlebnismulde sieht von oben betrachtet wie eine große Schüssel aus. Zum 15. Mal erleben wir hier den Impro-Sommer, also spontanes, improvisiertes Theater. Improvisieren – hergeleitet aus italienisch improvvisare/improvviso für unerwartet, unvorhergesehen. Das ist gerade das Erlebnis, auf Zuruf und deshalb per Zufall zu spielen. Aus dem Stegreif sozusagen. Das Wort Stegreif kommt nur in dieser Fügung vor. Interessant die Herleitung, denn mit „stehen“ hat es – wie oft vermutet wird – nichts zu tun. Althochdeutsch ist der stegareif der Steigbügel, also die Seil- oder Riemenschlinge am Sattel. Man tat eigentlich etwas, ohne vom Pferd abzusteigen, also schnell entschlossen. Die Impro-Künstlerinnen und -Künstler agieren (ohne Pferde) schon seit 2000 zusammen unter dem Namen FGKH – Für Garderobe keine Haftung. Ein von Schildern bekannter Satz als Anregung und zum Weiterdenken: Möglicherweise soll damit gesagt werden, dass für Sachen und Seele der Gäste keine Haftung, keine Verantwortung übernommen wird. Dies sichern die Spielenden durch eine hohe Qualität des Gezeigten. Sie bedienen sich bestimmter Formate (lateinisch formatum = das Geformte, das Genormte) und nutzen diese als Grundlage für das freie Spiel. Beim abschließenden Champignon – bewusster Sprachwitz – kämpfen die Spielenden einzeln um die Gunst des Publikums. Der Champion (englisch) wird als Beste oder Bester des Abends gekürt und einen kunstvollen Champignon (französich, Edelpilz, der auf freiem Feld, auf dem Campus wächst) mit nach Hause nehmen. Er oder sie hat dann an dem Abend das beste Spiel- und Persönlichkeitsformat gezeigt. Wer es erlebt hat, wird das Impro-Motto bestätigen können: Wir spielen alles – außer gewöhnlich!
SPRACHE UNTER DER LUPE
Welche (Sprach-)Geschichte haben Formulierungen, die plötzlich in dieser Zeitung und anderen Medien auftauchen? In unserer Kolumne „Unter der Lupe“ schauen sich Experten der in Wiesbaden ansässigen Gesellschaft für deutsche Sprache solche Formulierungen einmal genauer an. Auch Ihnen ist ein Wort aufgefallen, das Sie gerne einmal erläutert hätten? Dann senden Sie doch eine E-Mail an lupe@gfds.de.