Poesie im Park: Festival im Biebricher Schlosspark startet mit...

Maurerkellen an Händen und Füßen: Nicolaus Werner wandelt durch den Schlosspark. Foto: Volker Watschounek   Foto: Volker Watschounek
© Foto: Volker Watschounek

Es ist ein Festival der leisen Töne. Der Biebricher Schlosspark ist ein wunderbarer Ort, um unter großen Bäumen zu Vogelgesang und Bachgeplätscher Kultur und Vergnügen zu...

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WIESBADEN. Es ist ein Festival der leisen Töne. Der Biebricher Schlosspark ist ein wunderbarer Ort, um unter großen Bäumen zu Vogelgesang und Bachgeplätscher Kultur und Vergnügen zu genießen. Das Organisationsteam, das sich im Westend-Kulturraum „Godot“ seit dem Frühjahr getroffen hatte, stellte einiges auf die Beine: Es lebt vom freundlichen Charme der vielen einzelnen Beiträge.

Gemüsekrimis als Persiflage auf 30er Jahre

Bei der Orangerie ist eine kleine Bühne aufgebaut, von der die unterschiedlichsten Klänge kommen. Am Nachmittag sorgt zum Beispiel Dietmar Bertram aus Mainz alias „Compagnie Marram“ für ein Highlight: Zwei kleine, köstliche „Gemüsekrimis“ spielt er unter seinem Sonnenschirm. „Der mysteriöse Tod von Barney Banana“ und „Ei Hart“ heißen die Geschichten, die er sich mit den Hauptdarstellern Banane, Melone, Physalis, Schwarzwurzel und einem Ei ausgedacht hat. Das Ei muss dran glauben, auch mehrere Bananen – eine herrliche Persiflage auf Gangsterfilme der 30er Jahre.

Während die Stelzenläuferin Anita Fricker in ihrem blauen Kostüm vorbei flaniert, sind am Wegesrand bunte Bilder zu bewundern und immer wieder flattern Bänder, Luftballons und Fahnen im leichten Wind. Astrid Marion Grünling, die sich auf „Klangvisiten“ in Altenheimen und Hospizen spezialisiert hat, spielt auf ihrer Harfe. Die Passion der hauptberuflichen Grafikerin sind die ruhigen und harmonischen Saitentöne. Dazu liest Bettina Engel-Wehner ihre Gedichte vor. Obwohl sie kein Mikrofon benutzt, hört man ihr zu. Nicht weit entfernt rezitiert an einer Parkbank Huguette Schatz Kästner, Ringelnatz und Heinz Erhardt.

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An der Orangerie hat Benedikt Schwaderlapp mit seiner „Lobby“ das Catering mit internationalen Speisen übernommen. Man kann beim Didgeridoo-Spiel von Peter Meixner zuhören, später singt Liedermacherin Anja Sachs zur Gitarre. Am Bachlauf findet sich Bo Frankes klitzekleiner Tisch mit Schreibmaschine und einer Kiste Literaturzeitschriften. Der Germanist aus Köln hat die Zeitschrift „Kliteratur“ gegründet und präsentiert hier nicht nur die erste Ausgabe, sondern lässt seine Besucher selbst aktiv werden. Sie können auf der alten Schreibmaschine tippen, was für die meisten Jüngeren ungewohnt ist, sich etwas vorlesen lassen oder ein Blatt mit Wörtern bearbeiten. „Wipe Out Lyrik“ nennt Franke das: Er hat die Wortvorschläge seines Smartphones ausgedruckt und man darf die Wörter streichen, die einem nicht gefallen. Heraus kommen skurrile Texte, die in der nächsten Ausgabe der Literaturzeitschrift vielleicht abgedruckt werden. „Wir brauchen halt Sponsoren“, sagt Franke. Ein Stückchen weiter ist Volksliedgesang zu hören. Es singt der „Florence Jenkins Chor“, ein Singkreis für jedermann, der sich bei „Godot“ dienstags trifft, wie Klaus Staudt, Festival-Mitorganisator, erklärt. „Wir sind kein Chor, wir singen einfach gern.“ Deswegen hat man sich nach der verschrobenen Sängerin, die kaum einen Ton traf, benannt.

Steinskulpturen und Poetry-Slam, Performance, Jazz „Open Stage“, Lyrik, Theater, Mitmachangebote und Happenings: Die Premiere ist gelungen und „Poesie im Park“ mit seiner einladend improvisierten, offenen Atmosphäre darf sich sehr gerne fest etablieren.