Kultur im Hinterhof: Sascha Burjans neues ZR6 in Wiesbaden

Sascha Burjan baut mit dem ZR6 am Zietenring einen neuen Kulturort im Wiesbadener Westend auf.Foto: wita/Paul Müller  Foto: wita/Paul Müller
© Foto: wita/Paul Müller

Draußen brandet der Verkehr. Aber das ist in diesem Moment nur eine ferne Erinnerung: Ruhe herrscht in dem weiten, sehr gepflegten Loft. Aus den offenen Türen des ebenerdigen...

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WIESBADEN. Draußen brandet der Verkehr. Aber das ist in diesem Moment nur eine ferne Erinnerung: Ruhe herrscht in dem weiten, sehr gepflegten Loft. Aus den offenen Türen des ebenerdigen Saals blickt man in einen schönen Innenhof mit Sitzgruppen auf mehreren Ebenen und einer Ausschanktheke. Irgendwo zwitschern schon ein paar Frühlings-Vorboten in der Hinterhof-Idylle inmitten von Backsteinmauern. Das könnte jetzt auch in Berlin oder Hamburg sein. Ist aber mitten im Wiesbadener Westend.

ZR6 heißt die neue Adresse für Kultur: Zietenring 6. Und manch einer, der hier wohnt, hätte sich nicht träumen lassen, dass er oder sie nun auch mittendrin lebt. „Und gerne mitmacht“, sagt Sascha Burjan. Anders ginge es auch gar nicht: „Ohne meine tollen Mieter könnte das hier nicht funktionieren.“ Und das nicht nur, weil alle sich ehrenamtlich engagieren.

Der 45-jährige studierte Kommunikationsdesigner, der aber schon lange im Immobiliengeschäft ist, hat das Vorder- und Hinterhaus 2014 gekauft. Und nach dem Entkernen des Kellers erst mal ein WM-Studio für Mieter und Freunde eingerichtet: „Da haben wir 2014 die Deutschland-Spiele der Fußball-Weltmeisterschaft geschaut.“ Das plant er natürlich auch für dieses Jahr. Mittlerweile ist in diesem Keller ein großer Fitnessraum für die Mieter, nebenan ein schallgeschützter Proberaum, den sie ebenfalls nutzen können: „Sind ja auch einige Musiker darunter.“ Kein Wunder also, dass bei solchen Mietbedingungen die Wohnungen hier kaum wieder auf den Markt kommen. Den tollen Innenhof können sie auch nutzen. „Das ist hier quasi die WG 3.0“, lacht Burjan.

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Ein Kulturevent und eine soziale Veranstaltung

Alle Mieter gründeten gemeinsam mit Burjan den Kulturverein „Studio ZR6“. Und packen zweimal im Monat mit an: Das Konzept umfasst nämlich jeweils ein Kulturevent und eine soziale Veranstaltung: Ein Senioren-Sommergarten ist geplant, unterstützt vom Amt für soziale Arbeit. Für all das hat Burjan in Eigenregie diesen flexibel zu nutzenden Raum gestaltet: Ein ehemaliges Lager mit knapp 130 Quadratmetern, heute mit Küche, Theke, Bühne, Technikempore und Nebenraum, in dem sich die Künstler vorbereiten können. Hoch professionell, das Ganze.

Hat er all das von vornherein so geplant? „Gar nicht, als ich das Haus gekauft habe, das war ein Prozess.“ An dessen Anfang steht, dass ihm Kultur schon in die Wiege gelegt wurde. Sein Vater, ein pensionierter Lehrer, führt im Hunsrück die Kleinkunstbühne „Kaff“, das steht für „Kultur auf Feld und Flur.“ Und auch das ZR6 ist sozusagen ein Familienbetrieb: Burjans Bruder Jan Weiskopf unterstützt ihn bei der Gestaltung des Programms. Und das startet an diesem Samstag, 17. Februar, mit dem Mannheimer Sänger und Klangkünstler Ziggy Has Ardeur, dem Mainzer Multiinstrumentalisten Ulrich Hartmann und dem Schauspieler Cornelius Danneberg und ihrem „Bob Dylan Projekt“. Danach geht es Schlag auf Schlag weiter (siehe Infokasten): Konzerte, Lesungen, Kabarett und Partys sind hier geplant. Und dazwischen gibt es auch die Möglichkeit, den Raum für Workshops und Seminare zu mieten. Und sich im Innenhof in den Pausen schön zu entspannen.

Im dicht besiedelten Westend ist mit dem ZR6 nun also eine weitere Attraktion am Start – nachdem sich ja auch der Sedanplatz so gut entwickelt hat mit den Bars, Kneipen und Restaurants. Die Reaktionen nach der Eröffnung Ende Dezember seien aus dem Umfeld sehr vielversprechend gewesen, sagt Sascha Burjan: „Viele haben gesagt, das wäre ja wirklich kiezmäßig hier.“ Und das eben nicht in Berlin oder Hamburg, sondern mitten in Wiesbaden.