Im Rhein-Main-Congress-Center stehen Peter Simonischek und Bibiana Beglau vor der Kamera. Der Film „Crescendo“ handelt von einem israelisch-palästinensischen Jugendorchester.
Von Birgitta Lamparth
Redakteurin Kultur und Stadtredaktion Wiesbaden
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WIESBADEN - Selbst über dem Notausgang steht die hebräische Bezeichnung. Wir sind im Rhein-Main-Congress-Center – aber mitten in Israel. Genauer gesagt in einer „Culture Hall“, wie der Schriftzug an der Garderobe des RMCC nun für zwei Tage verkündet. Alles Requisiten für die Dreharbeiten, die gerade hier über die Bühne gehen: Regisseur Dror Zahavi dreht den Kinofilm „Crescendo“, ein Drama um ein israelisch-palästinensisches Jugendorchester. Und so können wir den Schauspielern Peter Simonischek („Toni Erdmann“), Bibiana Beglau und Daniel Donskoy („Tatort: Wer jetzt allein ist“) ein bisschen über die Schulter schauen.
Thema des Films ist Israel und Palästina
Es geht in dem Film um Friedensverhandlungen zwischen Israel und Palästina, bei denen ein Konzert des gemischten Jugendorchesters stattfinden soll. In ihrem Mikrokosmos sehen die Jugendlichen einen Weg zur Überbrückung von Hass, Intoleranz und Terror. Wem das Thema bekannt vorkommt: Stardirigent Daniel Barenboim hat tatsächlich 1999 ein Orchester mit jungen hebräischen und arabischen Musikern gegründet, den West-Eastern-Divan.
„Das assoziiert man sofort, aber unser Film basiert nicht darauf“, stellt Dror Zahavi klar, der schon 2008 mit seinem Kinofilm „Alles für meinen Vater“ Produzentin Alice Brauner beeindruckte. Musik sei auch für ihn eine Brücke, gerade in dieser schwierigen Region, so Zahavi: „Sie ist die emotionalste Kraft, sie wirkt direkt über die Gefühle.“ Ihm war es wichtig, 16 junge Musiker aus Israel zu gewinnen, die im Film zum Orchester gehören und den Schauspielern Authentizität vermitteln. Tatsächlich eingespielt wurden die Kompositionen von Dvorak bis Ravel, die hinterher im Film zu hören sein werden, von der Neuen Philharmonie Frankfurt.
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An diesem Mittag in einem der Säle des RMCC aber hört man die jungen Leute spielen – darunter auch einige Komparsen aus Hessen wie die junge Klarinettistin Nadine Lochmann. Sie ist bereits ein „alter Hase“ unter den Statisten: „Ich war schon beim ,Staatsanwalt’ dabei.“ Ein Wiedersehen in Wiesbaden gibt es mit Peter Simonischek, der auch in diesem Jahr wieder bei den Maifestspielen gastierte. Will er nicht praktischerweise bald hierher ziehen? Der Schauspieler lacht: „Nein, so wunderschön Ihre Stadt auch ist.“ Simonischek steht Ende August zum letzten Mal im Berliner Renaissance-Theater in „Kunst“ von Yasmina Reza auf der Bühne – die letzte von unglaublichen 450 Vorstellungen: „Premiere war 1995.“
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In „Crescendo“ spielt er den Dirigenten Eduard Sporck, einen Sohn von KZ-Ärzten. Der Film habe eine politische Botschaft, „auch wenn man nach 70 Jahren den Eindruck hat, das wird nichts mehr mit den Friedensverhandlungen, darf man nicht aufhören, sich dafür einzusetzen.“ Das sieht auch der hessische Kultusminister Boris Rhein so, der beim Dreh vorbeischaut: „Ich bin der festen Überzeugung, dass man durch das Medium Film die meisten Menschen erreicht und dazu beitragen kann, dass Fronten entschärft werden.“
Hessische Filmförderung mit 350 000 Euro dabei
Das Land Hessen fördere das Projekt mit 350 000 Euro, so Hans-Joachim Mendig, Geschäftsführer der Hessen Film & Medien GmbH. Er war es auch, der das neue RMCC als Drehort vorgeschlagen hat – weitere sind der Frankfurter Flughafen, die Goethe-Universität Frankfurt und das Theater Rüsselsheim.
Insgesamt 17 Drehtage verbringt die Produktion in Hessen, zuvor wurde vier Tage lang in Tel Aviv gedreht. Für den jungen Schauspieler Daniel Donskoy ist es der erste Kinofilm. „Ich freue mich sehr, dass ich dabei bin, auch durch die politische Relevanz dieses Projekts und durch meine Herkunft. Man liest sehr selten Scripts, die einen direkt so berühren.“ Donskoy, der 1990 in Moskau geboren wurde, stammt aus einer ukrainisch-russisch-jüdischen Familie. „Die Geschichte, in der die Egos aufeinandertreffen, mit Violinen statt Gewehren, das ist ungeheuer spannend“, macht er Lust auf den Film. Der soll 2019 in die Kinos kommen. Mit dem RMCC als „Culture Hall“.