Experimente mit Glasbausteinen, Sternchenglas und Baumwolle
Es ist, als blicke man in eine schemenhafte Welt: Nicola Hanke lenkt im Mainzer Eisenturm das Betrachterauge auf eine ungewöhnliche Bilderwelt. Ein Spiel mit Innen- und Außensicht
Von Marianne Hoffmann
Ein Spiel mit der Optik, mit Glas, mit Innen- und Außenwelt: Nicola Hanke präsentiert ihre Werke unter dem Motto „Look inside“ im Kunstverein Eisenturm.
(Foto: hbz/Stefan Sämmer)
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MAINZ - Kaum ein Einfamilienhaus aus den 60-er oder 70-er Jahren, das ohne sie auskommt: Glasbausteine. Mit ihnen wurde vor allem im Eingangsbereich für mehr Licht gesorgt.
Dann verschwanden die transparenten Baumaterialien. Nur in der ehemaligen DDR und Polen findet man sie noch, oft in ungewöhnlichen Farben. Die Malerin Nicola Hanke, Meisterschülerin von Karin Kneffel, die durch ihre hyperrealistischen Bilder von Obst- oder Schafporträts bekannt ist, hat durch ein Stipendium in Stettin (Polen), nicht nur ungewöhnliche Glasbausteine entdeckt. Dort fand sie auch Stoffe und Muster, die die Malerin faszinierten.
Materialien, die man heute kaum noch findet
In der aktuellen Ausstellung im Mainzer Kunstverein Eisenturm, zeigt Nicola Hanke eine sicherlich auf den ersten Blick ungewöhnliche Bildwelt, deren Farbigkeit den Betrachter in den Bann zieht. Unter dem Titel „Look inside“ bittet Nicola Hanke mit ihr in die Welt der Stoffe, Glasbausteine und ihre neuesten Werke, dünn geschliffenes Sternchenglas, wie man es heute nicht mehr findet, einzutauchen.
Dabei geht es der Künstlerin darum, dass Blicke ins Innere verwehrt werden und gleichzeitig der Blick auf die Außenwelt geschärft wird. Diese Außenwelt reflektiert sich im Glas. Über die Zeichnung von Paaren kam Nicola Hanke zu Stoffen und Materialien, die die Paare umgaben. „Stoffe,“ so sagt sie, „die die Menschen tragen, sich damit umgeben, sagen sehr viel über die Person aus, die sich darin bewegt.“ Und so verschwanden die Menschen, und der Stoff trat in den Vordergrund. Aus der Zeichnung wurde die farbintensive Malerei, die interessante Stoffdetails in den Focus stellte. Da die Künstlerin auf Baumwolle malt, wird die Stofflichkeit des Bildes beinahe haptisch, also begreifbar im wörtlichen Sinne. Immer wieder faltet und drapiert sie Stoffe und beginnt danach zu malen. Dabei lässt sie sich bewusst Zeit.
WANN UND WO?
Die Ausstellung „Nicola Hanke – Look inside“ ist bis Sonntag, 22. März im Kunstverein Eisenturm zu sehen, Fritz-Arens-Platz 1.
Weitere Infos im Internet unter www.kvem.de
Malen als ein meditativer Prozess
Oft arbeitet sie viele Monate an einem Bild. Für sie ein meditatives Arbeiten – sorgfältig darauf bedacht, dass die Farben des Stoffes zur Geltung kommen, denn sie unterstreichen das Muster, die haptische Oberfläche, intensivieren das Gefühl des Betrachters, den Blick auf das zu lenken, was die Künstlerin an jenem Stoff so fasziniert hat. So beginnen die Stoffe auf einmal zu erzählen, und der Betrachter wird zum Voyeur, der die Geschichte hinter dem Stück Stoff sucht. Das ist auch ein Grund dafür, dass sie niemals Stoffe malen würde, die sie kleiden oder in ihrer privaten Umgebung zu finden sind. Zu sehr sind Emotionen in diesen Stoffausschnitten verborgen. Stimmungen brauchen nicht unbedingt ganz Stoffbahnen. Konsequent forscht sie in ihren Glasbildern nach neuen unbekannten Oberflächen, die spiegeln und einen schemenhaften Blick in das Dahinter gewähren. Das Sternchenglas, das an Eisblumen erinnert, oder die Glasbausteine, die die Optik verzerren, und Rätsel aufgeben.
Das alles ist, wie ihre Lehrerin Karin Kneffel einmal zu ihr sagte; „gefühlter Realismus“. Bilder, die man gerne um sich hat, denn man kann lange rätseln, was sie uns wohl sagen wollen.