Ausstellung mit Arbeiten von Mary Bauermeister in der Kostheimer Davis-Klemm Gallery
Von Dorothee Baer-Bogenschütz
Ausschnitt aus einem der Schaukästen. Foto: Gregor Zawadzki
( Foto: Gregor Zawadzki)
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WIESBADEN - „Hello, I’m Johnny Cash“, sagte Cash, wenn er die Bühne betrat. Liebenswürdig unnötig. Jeder kannte ja die US-Country-Ikone. Mary Bauermeister, zwei Jahre jünger, lässt Cash von der Einladungskarte ihrer letzten deutschen Galerieausstellung lächeln. Ihn hat sie neben George Harrison, Superman, Astronauten, Hippies und US-Präsidenten immer wieder gezeichnet in ihren Wimmelwerken: Wie im Skizzenblock ergeben Gesichter, Figuren und comichaft interpretierte Szenen ein additives All-over.
Die Davis-Klemm-Gallery beleuchtet Bauermeisters Anfänge und das Potenzial last minute. Künftig wird ihr Œuvre in New York betreut, wo sie in den 1960er Jahren ihren künstlerischen Durchbruch hatte. „Hello, I’m Mary Bauermeister“ dürfte die Vielseitige energisch in die Runde rufen. Denn: Bei uns sagt ihr Name nur Experten etwas.
Eine wunderbar konzentrierte Schau
Erika Davis-Klemm lernte die Künstlerin, die mit dem Wahl-Wiesbadener Ben Patterson befreundet war, erst kürzlich kennen. In ihrem Galeriehaus widmet sie ihr nun eine wunderbar konzentrierte Schau mit Inkunabeln ihres Schaffens, unlängst überarbeitetem Material: Ein halbes Jahrhundert scharfe Beobachtung, karikierender Witz und lose Kommentare zu Politik und Gesellschaft stecken in den Objektkästen der Fluxus-Diva. Bauermeister stieß die Bewegung durch ihre Kölner Atelierkonzerte neuer Musik einst mit an.
Zurück auf Anfang: Fasziniert von elektronischer Musik lud die Tochter eines Anthropologen und einer Sängerin Avantgarde-Künstler wie Nam June Paik zu sich in die Kölner Lintgasse 28 ein, um zu performen. Dabei verfiel die gebürtige Frankfurterin dem verheirateten Karlheinz Stockhausen, heiratete ihn 1967. Die Ehe war zwar noch vor dem verflixten siebten Jahr am Ende, die Karriere der Mary Bauermeister aber nahm Fahrt auf. Das Markenzeichen der heute 83-Jährigen sind Linsenkästen. An ihren reichen Fundus aus optischen Linsen und Lupen geriet sie dank einer Geschäftsaufgabe. Zunächst platzierte sie die geschliffenen Schätze liegend auf Holzkästen, die Zeichnungen mit handschriftlichen Anmerkungen umschließen und durch eine Glasplatte Einblick gewähren. Später klebte sie die Linsen diebstahlsicher auf, wodurch die Kästen aufgehängt werden konnten. Davis-Klemm zeigt eine Auswahl von großem Zauber und Tiefgang.
Die Linsenkästen bereichern zuweilen Steine oder halbierte weiße Holzkugeln mit feinen Zeichnungen. Im Zusammenspiel mit den aufgesetzten Linsen ergibt sich ein raffiniertes, seifenblasenartiges Kompositum mit ZERO-Referenz. Bis dass der amerikanische Traum platzt: Unterm Christbaum liegt die Atombombe mit einer Schleife und der Aufforderung: „Open me first“.