US-Folkrocker um Sänger Jeff Tweedy melden sich nach drei Jahren Funkstille zurück
Von Karl Schlieker
Redakteur Politik / Wirtschaft
Wilco-Gründer Jeff Tweedy hat seine Band wieder im eigenen Studio „The Loft“ in Chicago versammelt.
(Foto: Warner)
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Wer an „Ode an die Freude“ denkt, landet schnell bei Friedrich Schiller und Ludwig van Beethoven. Und wer heute sein Album mit diesem Titel versieht, hat vermeintlich Großes im Sinn, adressiert die großen Fragen nach dem Sinn, dem Streben nach dem Guten, Schönen und Wahren. Die US-Folkrocker Wilco wollen den Titel „Ode to Joy“ dagegen ganz schlicht als optimistisches Zeichen sehen. Die Hörer sollen ermutigt werden, auch in den heutigen düsteren Zeiten stets nach der Freude zu suchen und ihr einen festen Platz im Leben zu gönnen. „Meiner Meinung nach sind wir auf der richtigen Seite der Geschichte, wenn wir uns für mehr Zusammenarbeit starkmachen, mehr Miteinander und Toleranz weltweit. Gegen Spaltung und Nationalstolz“, betont Sänger und Songschreiber Jeff Tweedy, dem der politische Kontext des Albumtitels erst nach der Auswahl des Namens aufgefallen sein will.
Nach dem Soloalbum „Warm“ und der Autobiografie „Let‘s Go (So We Can Get Back)“ hat Grammy-Preisträger Tweedy wieder die gesamte Band im eigenen Studio „The Loft“ in Chicago zusammengerufen. Die aus den Trümmern der Alternative-Country-Gruppe Uncle Tupelo aufgestiegenen Wilco bleiben sich auch auf ihrem elften Studioalbum im Grunde treu. Die Band und vor allem Schlagzeuger Glenn Kotche schalten allerdings auf den meisten Songs einen Gang zurück und spielen eher zurückhaltend. Melancholische Harmonien durchziehen die meisten Songs, die minimalistisch instrumentiert sind. Das dunkel schimmernde „We Were Lucky“ bricht aus dem ruhigen Fluss aus. Es ist eine der wenigen Gelegenheiten, in denen Gitarrist Nels Clines seine Künste demonstrieren darf. In einem schönen Solo steigert er sich in neue Höhen, bis plötzliche Stille einkehrt und der Song in harmonischen Gesang mündet. Man könnte es bittersüßen Postrock-Folk nennen. Wilco zeigen sich nach drei Jahren Funkstille von ihrer besten Seite. Der Folkpop „Love Is Everywhere (Beware)“ zeigt den sonst eher grüblerischen Tweedy ungewohnt positiv gestimmt. „Es passieren Dinge, die uns an unserer Wahrnehmung der Realität zweifeln lassen“, sagt der 52-Jährige. Gerade in diesen Zeiten sollte man positive Emotionen zulassen. Und Wilco liefern dazu den Soundtrack.