Vom Kino auf die Festspielbühne: Großer Theaterspaß um William, den Weltliteraten, der sich sehr kreativ verliebt.
Von Stefan Benz
Kulturredaktion Darmstadt
Wer der Held sein will, muss leiden: Ned Alleyn (Steffen Weixler, vorne rechts) verkörpert Mercutio und muss den Bühnentod sterben.
(Foto: Bad Vilbeler Festspiele)
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BAD VILBEL - Dieser Mister Shakespeare (Bert Tischendorf) ist ja nicht nur blendend schön, sondern auch ein schöner Blender. Verspricht überall Stücke, die er noch gar nicht geschrieben hat, muss sich vom draufgängerischen Kollegen Christopher Marlowe (Sebastian Zumpe) bei Minnesang, Sonettdichtung und dramatischem Exposé Nachhilfe holen. Und doch geht es mit seiner Komödie nicht weiter: „Romeo und Ethel die Piratenbraut“ soll der Spaß heißen, und ein Hund muss drin vorkommen. Doch Shakespeare jammert: „Mein Kopf ist leer!“ Und als er dann voll Liebe ist, fehlt nicht viel, und wir würden heute über diesen Klassiker lachen: „Es war die Eule und nicht der Hahn.“ So wird das aber nichts mit der Weltliteratur. Wie es dann doch noch geklappt haben könnte, dafür gab es vor 20 Jahren sieben Oscars: „Shakespeare in Love“ mit Joseph Fiennes und Gwyneth Paltrow hat damals das romantische Making of von „Romeo und Julia“ melodramatisch mit der Verwechslungskomödie „Was ihr wollt“ verschnitten. Seltsam, dass dieser geistreiche Kinostoff von Marc Norman und Tom Stoppard, die den Dichter Shakespeare so kongenial als Lover erdichtet haben, erst vor fünf Jahren auf die Bühne gelangte. Nun auch bei den Bad Vilbeler Burgfestspielen, wo Regisseurin Milena Paulovics die figurenreiche Vorlage in zweieinhalb Stunden mit einem prächtig aufgelegten Ensemble dicht verfugt und flott taktet.
Shakespeare sucht für seine nächste Premiere einen Romeo und findet den jungen Thomas Kent, hinter dessen angeklebtem Schnurrbart das edle Fräulein Viola de Lesseps steckt. Frauen haben auf der elisabethanischen Bühne ja nichts verloren. Viola aber ist verliebt – erst in die Poesie, dann ins Theater, schnell auch in den schönen Will. Zur Frau versprochen ist sie jedoch einem rüden Tabakfarmer aus Virginia. Nele Sommer verkörpert dieses Fräulein erst zu unschuldig zum Küssen, und nach der ersten Liebesnacht mit selbstbewussten Liebreiz: „Schreib mich gut“, sagt sie ihrem Dichter, denn sie weiß, dass sie unglücklich sterben wird, aber auf der Bühne dank ihm unsterblich werden darf. Nach der Pause kommen vor der Bretterwand, die eine Hinterbühne markiert, denn auch Rührung und ein wenig Pathos ins Spiel. Am schönsten aber ist dieser Abend, wenn er sich ganz Spielfreude und Spielwitz hingibt: wenn hinter den Kulissen die Burleske der Eitelkeiten und die Farce von der verkauften Kunst abschnurrt. Hier singen sie, dort fechten sie. Und als wäre das Theater ein Clownszirkus, gibt es auch noch eine bissige Perücke, die einen Köter verkörpert, der schnappt und zerrt, gewürgt und beatmet wird. In den besten Szenen ist „Shakespeare in Love“ ein Sommertheatertraum von der Liebe, aus dem man gar nicht erwachen will.