Drei Leiche und eine Totgeburt
Keine schlechte Spanne, die der neue „Tatort“ aus Wien durchmisst: Es fängt im Krimi „Die Faust“ an mit finsteren Ritualmorden fast wie in David Finchers Thriller „Sieben“ und endet zwischen Untergrund und Geheimdienst ein wenig wie in der US-Serie „Homeland“. Ein Serienkiller mit Hang zu theatralischen Installationen nagelt eine Leiche wie den gekreuzigten Jesus an eine Zimmerwand. Der nächste Tote wird wie der erhängte Judas in einer öffentlichen Toilette gefunden. Eine erschlagene Frau endet schließlich als Galionsfigur auf einem Boot. Brauchbare Spuren sind jeweils nicht zu finden, und die Identität der Toten ist auch unklar.
Inspektor auf dem Optimierungstripp
Das Drehbuch von Mischa Zickler bietet also einen doppelten Whodunit: Die Frage „Wer war’s?“ gilt gleichermaßen Opfern wie Täter. Und Regisseur Christopher Schier hält die Spannung auf dem langen Weg zur Auflösung hoch. Die Spuren weisen Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Majorin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) Richtung Kiew, Belgrad und Tiflis, zu revolutionären Bewegungen in Länder des ehemaligen Ostblocks.
Politische Themen greifen sie beim Österreichischen Rundfunk ja gerne auf. Und in diesem Film ist die packende Krimihandlung zur Gemütserleichterung verschnitten mit einer Behördenfarce, denn Revierinspektor Schimpf ist auf dem Optimierungstrip und will eine zweite Abteilung der Mordkommission gründen. Eisner wäre das ja egal, wenn nicht seine Bibi Ambitionen hätte, sich zu bewerben. Wie die Wiener mit drei Leichen und einer bürokratischen Totgeburt umgehen, das ist auf souveräne Art routiniert. In Zeiten, da manche TV-Redaktionen dramaturgische Verzweiflungstaten begehen, um auf sich aufmerksam zu machen, vereinbaren die Wiener Gewalt und Witz, Härte und Leichtigkeit mit großer Souveränität und ohne Mätzchen in einer Geschichte.