Die ARD-Kultserie „Lindenstraße“ geht zum letzten Mal vor der Einstellung in die Sommerpause – und Mutter Beimer ist schwer enttäuscht über das Aus.
Von Martin Weber
Marie-Luise Marjan, die von Anfang an bei der „Lindenstraße“ dabei ist, wurde als „Mutter Beimer“ zur Kultfigur.
(Foto: WDR)
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Auch TV-Ikonen müssen sterben: Das Entsetzen war groß, als die ARD Ende vergangenen Jahres bekannt gab, die Familienserie „Lindenstraße“ zu beenden. Im März 2020 soll nach 34 Jahren unwiderruflich die letzte Folge der legendären Seifenoper über den Bildschirm flimmern. Die rund zwei Millionen Fans können sich jetzt schon mal an ein Leben ohne „Lindenstraße“ gewöhnen: Die Kultserie geht in die Sommerpause, an diesem Sonntag läuft im Ersten die vorerst letzte Folge. Am 11. August kommt die Serie dann mit der Episode 1727 aus den Ferien zurück.
Gestartet war die in Köln gedrehte Serie über eine Münchner Straße und ihre ganz normalen Bewohner im Dezember 1985 als Deutschlands erste Seifenoper, der Autorenfilmer Hans W. Geißendörfer hatte sie von Anfang an als Spiegelbild bundesrepublikanischer Verhältnisse konzipiert und immer wieder für Aufsehen gesorgt – so war etwa der in der „Lindenstraße“ gezeigte erste schwule Kuss in einer deutschen Vorabendserie ein echter Aufreger, der tagelang diskutiert wurde. Geißendörfer waren vor allem in den Anfangsjahren Realitätsbezug und Ernsthaftigkeit wichtiger als fiktive Plots: „Wenn unsere Republik sich verändert, dann ist das auch in der Lindenstraße ein Thema“, betonte der rührige Produzent. Doch die „Lindenstraße“ ereilte, wie viele andere Sendungen auch, der fortlaufende Quotenschwund: Schalteten zu Beginn der Seifenoper 1985, als es allerdings nur die Auswahl unter ganz wenigen Programmen gab, noch durchschnittlich um die zwölf Millionen Zuschauer ein, waren es zehn Jahre später nur noch knapp neun Millionen Fans. Seit geraumer Zeit sind sonntäglich nur noch um die zwei Millionen Zuseher dabei, der Marktanteil der „Lindenstraße“, die mittlerweile von Geißendörfers Tochter Hana Geißendörfer als weitere Produzentin mitverantwortet wird, dümpelt im einstelligen Bereich. Der baldige Abschied von der „Lindenstraße“ schmerze ihn, ließ Fernsehdirektor Jörg Schönenborn vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) verlauten, der die Serie fürs Gemeinschaftsprogramm der ARD produziert. „Gleichzeitig verstehen wir, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der ARD geändert haben und Produktionen neu bewertet werden müssen.“
Bei den Machern und Fans der „Lindenstraße“ stießen Schönenborn und die anderen ARD-Verantwortlichen mit ihren Argumenten jedoch auf taube Ohren. Das Produzentengespann Geißendörfer zeigte sich bestürzt über das Aus der Serie, die für politisches und soziales Engagement stehe und deshalb gerade in heutiger Zeit besonders wichtig sei. „Man kann es einfach nicht verstehen“, sagte auch die schwer enttäuschte Schauspielerin Marie-Luise Marjan, die von Anfang an als Helga Beimer dabei ist und in dieser Rolle zu einer Kultfigur wurde. Für Marjan und die anderen Schauspieler ist bereits im Dezember Schluss mit „Lindenstraße“, weil die Serie immer mit einem Vorlauf von mehreren Wochen produziert wird. Viele Fans reagierten derweil in den sozialen Netzwerken zornig auf das baldige Aus der ARD-Seifenoper, andere flüchteten sich in Galgenhumor: „Wir sind alle Helgas Kinder“, stand auf einem Plakat zu lesen, mit dem in Köln gegen die Einstellung der „Lindenstraße“ demonstriert wurde, und auf einem anderen: „Sei kein Banause, lass Mutter Beimer ihr Zuhause“.