Von Tobias GoldbrunnerLEVERKUSEN - Minutenlang bemühte sich Fredi Bobic um Normalität. Doch irgendwann war auch der Sportvorstand der Frankfurt Eintracht genervt. „Diese Frage ist respektlos“, platzt es aus Bobic heraus, als ein Reporter von ihm wissen wollte, ob Niko Kovac bis zum Saisonende Trainer am Main bleibt. Ein klares Bekenntnis vermied Bobic: „Diese Frage beantworte ich nicht.“ Kleine Anekdote am Rande: „Respektlos“ nannte der Ex-Stümer, damals in leitender Funktion beim VfB Stuttgart, auch 2013 die Frage, ob Bruno Labbadia um seinen Job als Coach fürchten müsse. Einen Tag später wurde Labbadia beurlaubt.
Alles in Gefahr - Kommentar von Tobias Goldbrunner zu Eintracht Frankfurt und Niko Kovac
Doch zurück zur Eintracht in den April 2018. Wo der Fall Kovac derzeit alles überstrahlt. Der Wirbel um den vorzeitigen Wechsel des Kroaten zum FC Bayern München im Sommer war das Thema Nummer eins beim 1:4 (1:1) gegen Bayer Leverkusen. Und wird es auch in den kommenden Tagen sein. Bobic sagte zwar, „dass wir jetzt nicht gleich heulen müssen“. Betonte: „Das Entscheidende ist das Pokal-Halbfinale am Mittwoch gegen Schalke 04. Darauf freuen wir uns, da wollen wir was mitnehmen.“ Und fand auch, dass die Klatsche gegen die Werkself „nichts mit der Situation zu tun hatte“. In der ersten Halbzeit agierten die Gäste tatsächlich so, als mache ihnen die Diskussion um ihren Trainer nichts aus. Marco Fabián glich nach schöner Vorarbeit von Marius Wolf die Führung durch Julian Brandt postwendend aus. Doch Bayer genügte eine Umstellung, von der Dreier- auf eine Viererkette, und ein höheres Tempo, um die Frankfurter aus dem Konzept zu bringen. Leverkusen spielte die Hessen schwindelig, Kevin Volland zerlegte sie mit einem Hattrick.
„Ich habe nichts falsch gemacht“
Die Frankfurter wirkten bei der fünften Auswärtsniederlage in Folge körperlich platt, was ohnehin schon Anlass zur Sorge für den Endspurt um die internationalen Plätze gibt. Und zumindest Torwart Lukas Hradecky gab auch zu, dass die vergangene Woche mental zugesetzt hatte. „Soll ich lügen, dass es das nicht hatte? Natürlich, wir sind Menschen, keine Roboter“, so der Finne. Und wie wirkte Kovac selbst? An der Seitenlinie trieb er heißblütig an. Danach versuchte der 46-Jährige, so eiskalt wie bei der Pressekonferenz am Freitag aufzutreten. „Ob Sie es mir glauben oder nicht: Das war ein ganz normales Spiel für mich. Mein Seelenleben ist genauso gut wie gestern. Und es wird auch morgen genauso gut sein.“ Doch auch Kovac reagierte zwischendurch dunnhäutig. „Ich habe nichts falsch gemacht. Ich habe nie gesagt, dass ich fix bleibe. Ich war lediglich darauf vorbereitet, dass irgendwann jemand kommt und meine Arbeit wertschätzt“, raunzte der Kroate einem Journalisten zu, der ihn auf seine Aussagen in den zurückliegenden Wochen ansprach. Bei seiner Darstellung, den ersten Kontakt mit München habe es erst am Donnerstag gegeben, blieb er.
Die Fans pfiffen Kovac bei dessen Vorstellung in Leverkusen aus. In den sozialen Medien fordern immer mehr seine Beurlaubung. Beschimpfen Kovac als „Lügner“ und „Judas“. Ihre Mannschaft feuerten die Anhänger noch leidenschaftlicher als sonst an. Eintracht-Vorstand Axel Hellmann zeigte sich „beeindruckt. Ich hätte es verstanden, wenn der eine oder andere nicht so viel Bock gehabt hätte“. Dementsprechend hat Hellmann „keine Angst, dass wir nur Achter werden. Wir müssen die Heimspiele gegen Hertha BSC und Hamburg gewinnen“. Dann würde die Eintracht den Traum von Europa realisieren. „Wenn ich die Unterstützung sehe, habe ich keine Zweifel, dass uns das gelingt.“
Ob Kovac am Samstag gegen Berlin noch Trainer ist? Bobic erklärte, dass Verhältnis zum Chefcoach sei „ein bisschen getrübt“. Man sei sich aber auch bei manchen Personalentscheidungen ja nicht immer einig gewesen. Die Suche nach einem Nachfolger – für die neue Saison – laufe auf Hochtouren. Gehandelt werden unter anderem Markus Weinzierl, Hannes Wolf, David Wagner und Jens Keller. Erst mal gelte der Fokus aber eben Schalke. „Wir weichen von unseren Zielen nicht ab. Wir ziehen das jetzt zusammen durch“, verlangte Fabián. Ob er sich lieber Leverkusen in einem möglichen Endspiel als die Bayern wünsche, wurde Kovac übrigens auch gefragt. „Das ist gehupft wie gezupft“, meinte der Kroate.
Noch mehr Nachrichten aus der Region lesen? Testen Sie kostenlos 9 Tage das Komplettpaket Print & Web plus!
Bitte loggen Sie sich ein, um einen Kommentar zu diesem Artikel zu verfassen. Debatten auf unseren Zeitungsportalen werden bewusst geführt. Kommentare, die Sie zur Veröffentlichung einstellen, werden daher unter ihrem Klarnamen (Vor- und Nachname) veröffentlicht. Bitte prüfen Sie daher, ob die von Ihnen bei ihrer Registrierung angegebenen Personalien zutreffend sind.
Die Zeichenzahl ist auf 1700 begrenzt. Die Redaktion behält sich vor, den Kommentar zu sichten und zu entscheiden, ob er freigeschaltet wird. Kommentare mit rechts- oder sittenwidrigen Inhalten, insbesondere Beleidigungen, nicht nachprüfbare Behauptungen, erkennbare Unwahrheiten und rassistische Andeutungen führen dazu, dass der Kommentar im Falle der Sichtung nicht freigeschaltet, ansonsten sofort gelöscht wird. Wir weisen darauf hin, dass alle Kommentare nach einigen Wochen automatisch wieder gelöscht werden.
Die Kommentare sind Meinungen der Verfasser.